#FAQ15/032 Was hat die einst beliebte Volksschauspielerin Hansi Niese mit dem 15. Bezirk zu tun?

Was Sie schon immer über Rudolfsheim-Fünfhaus wissen wollten …

Hier erfahren Sie regelmäßig interessante Details aus Vergangenheit & Gegenwart von Rudolfsheim-Fünfhaus, dem 15. Wiener Gemeindebezirk.

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FAQ=Frequently Asked Questions (häufig gestellte Fragen)

Wer war Hansi Niese?

Johanna Jarno-Niese – wie sie eigentlich hieß – wurde am 10. November 1875 in Wien geboren. Sie war eine österreichische Schauspielerin und Operettensängerin (Stimmlage Sopran). Die anfängliche Autodidaktin wurde eine der beliebtesten Schauspielerinnen der Monarchie.

Hansi Niese im Film

Als Filmschauspielerin war Hansi Niese erstmals 1913 in dem Stummfilm „Johann Strauß an der schönen blauen Donau“ und ein Jahr später bereits in einer Hauptrolle in „Frau Gertrud Namenlos“ zu sehen.

In den 1930er-Jahren spielte sie in zahlreichen – nun schon – Tonfilmen meist Hauptrollen, etwa in „Purpur und Waschblau“ (1931) oder „Kaiserwalzer“ (1933) mit Martha Eggerth und Paul Hörbiger.

Ihren letzten Film – „Die Töchter ihrer Exzellenz“ – drehte sie 1934. Am 4.April des selben Jahres starb sie mit nur 59 Jahren.

Im Jahr 1935 wurde in Wien im 19. Bezirk, Döbling, die Hansi-Niese-Gasse und 1955 im 13. Bezirk, Hietzing, unweit ihres Kindheitsdomizils der Hansi-Niese-Weg nach ihr benannt. 1952 wurde neben dem Volkstheater in Wien das Hansi-Niese-Denkmal, gestaltet von Josef Müllner, enthüllt.

Schauspieldebüt am Rudolfsheimer Volkstheater

Vielleicht kennen Sie Hansi Niese ja aus ihren Filmen, aber wussten Sie, dass sie mit 13 Jahren am Rudolfsheimer Volkstheater debütierte?

Gegründet wurde dieses Theater 1866 von Carl Schwender sen. (1808-1866) in Schwenders Colosseum. Nach dem Tod von Schwender sen. wurde das Vergnügungsetablissement samt Theater von seinem Sohn Carl Schwender jun. (1839-1876) und ab 1876 von dessen Frau Anna Schwender geführt.

Das Rudolfsheimer Volkstheater bestand von 1866 bis 1897 und schrieb (Vorstadt-) Theatergeschichte.

Es war in Blau und Silber gehalten und zeigte an den Seitenwänden vier prächtige Bilder: Therese Krones (1801-1830) als Jugend, Ferdinand Raimund (1790-1836) als Aschenmann (beide in: Der Bauer als Millionär), Johann Nestroy (1801-1862) als Sansquartier (Zwölf Mädchen in Uniform) und Wenzel Scholz (1787-1857) als Eulenspiegel.

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Volkstheater Rudolfsheim innen, Aquarell von Gustav Zafaurek, um 1880 (Wien Museum)

Im Laufe des dreißigjährigen Bestehens der Spielstätte kam es sehr häufig zum Wechsel der künstlerischen Leitung. Die Spielpläne waren durchaus abwechslungsreich gestaltet: Singspiele, Operetten, Possen mit Gesang, Historientragödien, Charakterbilder, Stücke mit Lokalkolorit, Lustspiele, Volksstücke, Volksschauspiele und Parodien wurden geboten, aber auch klassische Dramen und Opern standen auf dem Programm.

Johann Nestroys und Ferdinand Raimunds Werke wurden genauso gespielt wie die Volksstücke Ludwig Anzengrubers. Die Namen heute (fast) vergessene Autorinnen wie Alois Berla, Carl Theodor Fockt oder Charlotte Birch-Pfeiffer geben Zeugnis von der Vielfalt der zur Aufführung gelangten Dramen.

Häufig wurde angehenden Künstlerinnen, die in ihrer oder kurz nach ihrer Ausbildung standen, die Möglichkeit geboten, sich erste Sporen auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu verdienen. Unter der Direktion von Adolf Rossler sammelte eben auch Hansi Niese als 13-Jährige erste Bühnenerfahrungen, u.a. in Goethes „Faust“ als Schüler.

Unter der Direktion von Pauline Loewe, verehel. Czerniawski-Loewe, die auch eine Theaterschule in Wien leitete, feierte am 14. Jänner 1893 Karl Kraus (1874-1936) als Franz Moor in Friedrich Schillers „Die Räuber“ sein Bühnendebüt, Max Reinhardt (1873-1943) spielte den Spiegelberg.

Interne Kämpfe, staatliche Kontrollmaßnahmen, hohe Ausgaben und die Konkurrenz der größeren Theaterhäuser führten schließlich zum Ende des Theaters.

Der letzte Vorhang

Der letzte Vorhang fiel am 26. April 1897. Ludwig Anzengrubers Volksstück mit Gesang in fünf Akten „Der Pfarrer von Kirchfeld“ wurde unter Mitwirkung namhafter Schauspieler*innen großer Wiener Bühnen wieder mit Hansi Niese (1875-1934), Marie Anatour (1857-1929) oder Rudolf Christians (1869-1921) zur Aufführung gebracht.

Hansi Niese in „Der Pfarrer von Kirchfeld“, (KHM/ThM: FS_PK237727alt)

Am 1. April 1898 war auch die Zeit von Schwenders Colosseum vorbei – es wurde demoliert.

Theater Varieté Colosseum in der Schanzstraße

Jacques (Jac) Guldan (1889-1970) führte von 1921 an fast vier Jahrzehnte bis 1959 das Theater Varieté Colosseum in der Schanzstraße. Im Holzrundbau wurde von Juni bis September gespielt. Das Gebäude bot 1.000 Gästen Platz. Und auch hier begegnen wir Hansi Niese wieder.

Theater Varieté Colosseum

Jahr für Jahr fanden hier Konzerte, u.a. mit Horst Winter, Varietévorstellungen, Operetten, Kabarett-Aufführungen, Volksstücke, und unterschiedliche bunte Programme aller Art statt. Trude Mally (1928-2009), Hansi Niese (1875-1934), Rudolf Carl (1899-1987), Heinz Conrads (1913-1986), Richard Eybner (1896-1986), Hansi Führer (1879-1955), Hermann Leopoldi (1888-1959) und Hans Moser (1880-1964) traten hier ebenso auf wie das Ensemble der Löwingerbühne (von 1946-1949), der Tiroler Exl-Bühne oder das Schlierseer Bauerntheater.

Leila Negra (=Marie Nejar, geb. 1930) und Peter Alexander (1926-2011) – nicht als Sänger, sondern als Parodist von Hans Moser, Theo Lingen, Heinz Rühmann u.a. – debütierten im Colosseum Schanzstraße.

Vor Beginn bzw. in den Pausen spielten vor dem Vorhang Solist*innen oder kleine Gruppen, wie Zither-, Harmonikaspieler*innen u. ä., auf.

Das beliebte Theater Varieté Colosseum erlebte von 1921-1959 rund 16.000 Vorstellungen mit 10 Mio. BesucherInnen.

Programm des Theater-Varieté Colosseum in der Schanstraße – interessant der Hinweis auf der Rückseite (Bild links) auf den Luftschutzalarm und den Luftschutzraum in der Schanzstraße 57)

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges konnte auf Betreiben der russischen Besatzungsmacht, der Betrieb sehr früh wieder aufgenommen werden. Bereits am 27 . Mai 1945 (Offizielles Kriegsende 8.5.19459 startete das Eröffnungs-Programm „Wien singt, tanzt und lacht wieder‘‚.

„Wien singt, tanz und lacht wieder“ – bereits am 27.5.1945

1959 wurde der Bau abgerissen. Jac Guldan starb 1970.

Seit den 1970er-Jahren bis 2020 befand dann hier ein ÖAMTC-Stützpunkt. Dieser übersiedelt in den 14. Bezirk (Hadikgasse/Kefergasse).

Hansi Niese – verbindendes Element zwischen Kino, Theater und Varieté

Kommen wir zurück zu Hansi Nieses Filmen. Diese standen in den 1930er-Jahren immer wieder auf dem Programm der zahlreichen Kinos in Rudolfsheim-Fünfhaus, wie etwa dem Schwenderkino (damals Lehnerkino) in der Mariahilferstraße 196, dem Handl-Kino in der Mariahilferstraße 160 oder dem Apollokino in der Schanzstraße 2-4.

Hansi Niese mit Attila Hörbiger in „Die große Liebe“ (1931) – Bild

Damit ist Hansi Niese ein verbindendes Element in der Sonderausstellung „Kino. Theater. Varieté in Rudolfsheim-Fünfhaus“ (März 2020-Jänner 2021), da sie sowohl im Rudolfsheimer Volkstheater, im Theater Varieté Colosseum in der Schanzstraße auftrat, als auch in den Kinos des Bezirks zu sehen war.

Quellen

Wikipedia
Illustrierte Kronenzeitung, 12. Januar 1911 S. 10
Cornelius Mitterer: “Das Rudolfsheimer Volkstheater im Spiegel ästhetischer, sozialgeschichtlicher und städtebaulicher Transformationsprozesse im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts”; Nestroy Gespräche
Neue Freie Presse, 9. Dezember 1896 S.4
Österreichisches Musiklexikon (https://musiklexikon.ac.at)
Czeike, Felix: Historisches Lexikon Wien. Wien 1992
Hadamowsky, Franz: Wien Theater Geschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien 1988
Sammlungen Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus


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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

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