⚽Rapid: Lost Ground Rudolfsheimer Sportplatz (Teil 1)

Gastartikel von Christian Bruckner

Freuen Sie sie heute auf den 1. Teil eines Gastartikels von Christian Bruckner, dessen Leidenschaft der Fußballsport und ganz speziell Rapid ist. In seinem Blog „Fußball, Soccer, Calcio & Co“ widmet er sich unter anderem den ehemaligen Fußball-Spielorten, den Lost Grounds. Einer dieser dieser Lost Grounds ist der Rudolfsheimer Sportplatz. Den Originalartikel vom 30.12.2013 finden Sie hier.

Der 2. Teil erschien erstmals am 20.5.2019.

Wussten Sie, dass

Erste Heimstätte von Rapid am Exerzierfeld auf der Schmelz (1899-1902)

Die ersten vier Jahre nach seiner Gründung 1899 trug die junge Rapid wie schon zuvor der 1. Wiener Arbeiter Fußball-Club die Fußballspiele am Exerzierfeld auf der Schmelz aus. Das große freie Gelände stand für Aktivitäten offen, wenn es nicht gerade vom Militär in Beschlag genommen war. Vor jedem Match musste alles neu aufgestellt werden, Linien waren zu markieren etc. − und anschließend musste alles wieder abgeräumt werden. Im Herbst 1902 verbot das Militär aber weitere Spiele auf ihrem Exerzierplatz.

Erster eigener Sportplatz in Rudolfsheim (1903-1911)

Von 1903 bis 1911 hatte der Sportklub Rapid seinen ersten eigenen Sportplatz. Er stand in Wien-Rudolfsheim.

Rapid pachtete südlich davon im Bezirk Rudolfsheim ein Grundstück von der Gemeinde Wien (Rudolfsheim und Fünfhaus wurden erst 1938 zusammengeschlossen). Hier konnte an der Selzergasse, zwischen Hütteldorfer Straße und Meiselstraße, im Frühjahr 1903 der erste Rapidplatz eröffnet werden. Bis 1911 war Rapid hier zuhause. Dann ging es auf die Pfarrwiese.

Das Gelände des Rudolfsheimer Sportplatzes heute

Heute ist das Gelände verbaut. 1903 war es eine freigehaltene Fläche neben dem Trinkwasserreservoir der Gemeinde Wien und ein „Platz für Reservoir-Vergrößerungen“. Das wird ein Mitgrund sein, warum Rapid das Grundstück günstig pachten konnte. Es gab dafür den Nachteil einer kurzen Kündigungsfrist, was später schlagend werden sollte, und man hatte hier nicht unbedingt die idealen Maße für ein Fußballfeld.

Die 1873 errichtete Schieberkammer des ehemaligen Wasserspeichers der Ersten Wiener Hochquellwasserleitung.

Die Schieberkammer des ehemaligen Wasserspeichers auf der Schmelz

1910 kündigte die Gemeinde Wien den Pachtvertrag für den Sportplatz. Der 1905 nebenan errichtete Meiselmarkt wurde bis 1913 auf die doppelte Fläche erweitert. Rapid musste dem Ausbau der Lebensmittelversorgung der rasch wachsenden Bevölkerung Wiens weichen, die zwei Millionen überstieg. 1910 lebten im heutigen Bezirksgebiet von Rudolfsheim-Fünfhaus mit 145.000 Menschen doppelt so viele wie heute. Rudolfsheim war damals einer der Bezirke mit dem höchsten Anteil an tschechischen Zuwanderinnen und Zuwanderern (ca. 300.000 in Wien). Wenn man die Rapid-Aufstellungen jener Jahre liest, wird man auf viele Namen slawischen Ursprungs stoßen.

1995 übersiedelte der Meiselmarkt in die Halle des ehemaligen Wasserbehälters. Die bereits aufgelassenen Marktstände wurden 1996 nach zwei Brandstiftungen abgetragen.

Der Meiselmarkt heute

Am unteren Ende des ehemaligen Rudolfsheimer Sportplatzes, an der Meiselstraße, stehen heute anstelle des Marktes moderne Wohnhäuser. 1994 wurde hier direkt vor dem einstigen Rapidplatz ein Ausgang der U3-Station Johnstraße errichtet. Rechts die Selzergasse.

Wohnhäuser, wo früher der Meiselmarkt war

Die Häuserzeile der Selzergasse, an der die Längsseite des Sportplatzes lag, sieht heute im wesentlichen noch genauso so wie auf alten Bildern des Sportplatzes.

Selzergasse

Der Sportplatzeingang befand sich an der Ecke Hütteldorfer Straße / Selzergasse, wo heute ein Blumengeschäft ist. Während auf der Schmelz der Sportplatzbereich mittels Stangen und gespanntem Spagat abgetrennt wurde, konnten hier eine Sichtbarriere aus Holzbrettern errichtet und Eintritt kassiert werden. Raffinierte Vorstadtjugendliche schreckte dies nicht ab, sodass sich in den Brettern bald Gucklöcher fanden.

Selzergasse / Ecke Hütteldorferstraße

Am oberen Ende des einstigen Sportplatzes steht der 1953/54 errichtete Karl-Frey-Hof. Der Gemeindebau ist nach dem 1934 vom austrofaschistischen Regime abgesetzten letzten frei gewählten Bezirksvorsteher des damaligen Bezirks Rudolfsheim benannt.

Im Innenhof gibt es am Ort des einstigen Fußballplatzes zumindest ein wenig Grün. Allerdings darf man sich damalige Sportplätze nicht wie heutige Rasenplätze vorstellen.

Karl Frey-Hof

Fußball wird hier heute nicht mehr gespielt.

… nicht gestattet

Kirchturmuhr als Matchuhr

Eine Matchuhr gab es am alten Rapidplatz nicht. Zum Ablesen der Spielzeit wurde die gut sichtbare Kirchturmuhr der 1898 fertiggestellten Rudolfsheimer Pfarrkirche verwendet, die 1904 auch noch mit elektrischer Beleuchtung versehen worden war.

Kirchturmuhr als Matchuhr

Von der Schmelz zum Rudolfsheimer Sportplatz

Am 15. März 1903 wurde der Rudolfsheimer Sportplatz von Ignaz Abeles, Präsident des Österreichischen Fußballverbands (ÖFV), eröffnet. Die Freude über die Rapid-Heimstätte war groß. Man nahm in Kauf, dass das Spielfeld von Tor zu Tor ein Gefälle von bis zu zwei Metern hatte. Mittels Erdarbeiten waren Böschungen aufgeschüttet worden, die als Stehplatzrampen dienten.

1907 konnte Rapid den Sportplatz weiter ausbauen. Ein Klubhaus (mit Dusche!) und eine Tribüne aus Holz wurden errichtet und der Höhenunterschied etwas eingeebnet. Die beste Sicht boten aber weder die Stehplätze noch die Tribüne, sondern die Fenster der Häuser an der Selzergasse.

Bild: Das große Buch der österreichischen Fußballstadien

Das erste Spiel 1903 ging mit 0:3 verloren

Auch wenn das erste Spiel 1903 gegen die Graphia mit 0:3 verloren ging, hatte Rapid nun auch Heimvorteil:

Die Website Rapid in Zahlen von Franz Fiala nennt für den Rudolfsheimer Sportplatz von 1903 bis 1911 gesamt 216 Rapidspiele, davon 102 Siege, 47 Unentschieden und 67 Niederlagen.

Die Bilanz war damit mit 47% Siegen und 31% Niederlagen bedeutend besser als auf der Schmelz, wo es in 45 Spielen nur 24% Siege und 51% Niederlagen gab. Das lag wohl auch daran, dass Verein und Mannschaft nunmehr im Unterschied zu den Anfangsjahren etabliert und eingespielt waren, doch ein Eutzerl wird die neue Heimstätte auch beigetragen haben.

Auf dieser Aufnahme eines Spiels ist der Turm der Rudolfsheimer Pfarrkirche hinter der Häuserzeile der Selzergasse zu sehen. „Dieser Platz sah das Wachsen und Werden Rapids.“ heißt es in Roland Holzingers Rapid-Chronik.

Auf der Schmelz hatte Rapid die ersten Schritte unternommen. Doch zu einem richtigen Sportverein wuchs man hier zusammen. Hier wurden 1905 auch die Vereinsfarben von blau-rot auf grün-weiß geändert.

Bild: thomasrenner.th.ohost.de

Lesen Sie im 2. Teil dieses Gastartikels vom 20.5.2019 wie es 1906 mit Rapid weiterging.


Zum Gastautor Christian Bruckner

Mein Name ist Christian Bruckner. Ich interessiere mich für Fußball und blogge über meine Leidenschaft im Blog „Fußball, Soccer, Calcio & Co.“ Bilder und Kurztexte von meinen Spielbesuchen und Rezensionen von Büchern, Filmen, Zeitschriften & Co über Fußball. Ich schaue mir Fußball dort an, wo er gespielt wird: Vor Ort, in den Stadien und auf den Fußballplätzen dieser Welt. Ich besuche die Spiele des SK Rapid und mache daneben ein wenig Groundhopping, quer durch alle Ligen in Österreich und im Ausland.

Rapid ist meine Leidenschaft, denn es ist mehr als nur ein Fußballverein, wie es im 2015 beschlossenen Leitbild schön in Worte gefasst wurde. “Der Sportklub Rapid ist eine Gemeinschaft. Unser legendärer Zusammenhalt wurzelt in der Solidarität unter den Familien, Nachbarn und Arbeitern auf der Schmelz. Seither eint uns das grün und weiße Band.”

Christian Bruckner


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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

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