#FAQ15/034 In welchem Theater im 15. Bezirk hat Helmut Qualtinger debütiert?

Was Sie schon immer über Rudolfsheim-Fünfhaus wissen wollten …

Hier erfahren Sie regelmäßig interessante Details aus Vergangenheit & Gegenwart von Rudolfsheim-Fünfhaus, dem 15. Wiener Gemeindebezirk.

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FAQ=Frequently Asked Questions (häufig gestellte Fragen)

NACHWUCHSBÜHNE IM KELLER: KLEINE BÜHNE DIEFENBACHGASSE

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, im Sommer 1945, kamen der Regieassistent und Requisiteur Alois Bednar (1921-1994) und der Schauspieler Ferdinand Köppler, wegen der schlechten Lage der Schauspieler*innen, auf die Idee, eine „Nachwuchsbühne“ zu gründen. Die Spielstätte sollte darüber hinaus einen Beitrag zum Wiederaufbau des neuen österreichischen Theaters leisten.

Ohne über jegliches Kapital zu verfügen, ging Alois Bednar daran, dieses Projekt umzusetzen. Er suchte beim Wiener Magistrat um eine Theaterkonzession an, die am 2. August 1945 erteilt wurde, und versuchte zunächst das geplante Theater in der Landstraßer Hauptstraße 137a einzurichten. Dieses Vorhaben misslang, weil sich dort bereits ein Kinounternehmer („Eos-Kino“) eingemietet hatte.

Briefkopf „Kleine Bühne “ Diefenbachgasse 9
Alois Bednar
Helmut Qualtinger

QUALTINGER & NESTROY

Im September 1945 wurde eine „Ausweichbühne“ im 15. Bezirk, Diefenbachgasse 9, gefunden. Alois Bednar richtete die Räumlichkeit als Kellertheater für seine Zwecke her. Die neue Spielstätte wurde „Kleine Bühne“ in der Diefenbachgasse genannt und mit 11. Oktober 1945 begann der durchaus niveauvolle Theaterbetrieb mit Nestroys Posse „Der Talisman“. Die Aufführung wurde durchwegs von Nachwuchstalenten getragen, das Bühnenbild von Karl Eugen Spurny gestaltet.

Für die kurze Zeit des Bestehens des Theaters wurden erstaunlich viele Produktionen auf die Bühne gebracht – wie beispielsweise der Schwank von Franz Arnold und Ernst Bach „Hulla di Bulla“, das musikalische Lustspiel „Goldregen“ von Manfred Rößler, das Spiel zu Dreien „XYZ“ von Klabund, aber auch Hugo von Hofmannsthals „Der Tor und der Tod“.

Einen Höhepunkt stellte sicherlich die Uraufführung der Neueinrichtung des Werkes
von Johann Nestroys Posse „Einen Jux will er sich machen“ am 16. Mai 1946 dar.  Helmut Qualtinger (1928-1986) – Der Herr Karl – Der Name der Rose – führte erstmals Regie und feierte sein Bühnendebüt als Weinberl, Waltraut Haas (geb. 1927) spielte die MarieAlfred Böhm (1920-1995) den Kraps.

Die Musik stammte vom Komponisten und Kapellmeister Ernst Hans Richter (1903-1978), die neuen Liedertexte von Kurt Nachmann (1915-1984) und Rudolf Weys (1898-1978).

Inszenierung: Helmut Qualtinger und in der Rolle des Handlungsdieners Weinberl,
Wiener Stadtbibliothek, Theaterzettelsammlung (119768 A)
Österreichische Zeitung, Dienstag 7.5.1946, Quelle ANNO

Waltraut Haas erinnert sich an ihren Auftritt in der Kleinen Bühne gemeinsam mit Helmut Qualtinger:

Waltraut Haas in: Jetzt sag ich’s: Erinnerungen. Aufgezeichnet von Marina C. Watteck (2018)

Nachmittägliche Märchenvorstellungen für Kinder wie „Das Lügenmäulchen“ von A.
Görner
oder „Die Schneekönigin“ von August Scheich nach einem Märchen von Hans Christian Andersen sollten ein weiteres Publikum ansprechen.

KONKURS UND PROZESS

Trotz dieser Angebote konnte keine entsprechende Anzahl an Zuseher*innen für die „Kleine Bühne“ begeistert werden.

Die missliche finanzielle Situation des Theaters besserte sich in keiner Weise und Direktor Bednar versuchte – wie schon seit Beginn seines Unternehmens – durch private Kredite und Nichtbezahlung von Sozialversicherungs- und Lohnsteuerbeiträgen für seine Mitarbeiterinnen seine Bühne unter allen Umständen – mit ungeeigneten Mitteln am Leben zu erhalten. Schließlich meldete er – viel zu spät – mit 27. November 1946 den Konkurs an. Er wurde in der Folge wegen fahrlässiger Krida angeklagt und musste sich im Mai 1949 in einem zweitägigen Prozess vor einem Schöffensenat verantworten.

Er wurde zu einer 6-monatigen bedingten Haftstrafe verurteilt. Strafmindernd wurde seine bisherige Unbescholtenheit und die Tatsache angeführt, dass er aus idealistischen Motiven heraus gehandelt hatte.

Diefenbachgasse 9 (Google Earth) – inzwischen ist das Haus abgerissen
Diefenbachgasse 9 während des Abrisses 2018

LITERATUR & QUELLEN

  • WStLA: Prozessakt
  • Wiener Stadtbibliothek: „Kleine Bühne“ – Theaterzettel, Programme
  • Sammlungen Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus

RECHERCHE

Mag. Katharina Erika Trdy
Mag. Gertraud Müller


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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

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