Ob beliebte Bälle, politische Versammlungen oder geselliges Beisammensitzen, Schwenders Colosseum (im Bereich Mariahilferstraße / Schwendergasse / Reindorfgasse), ausgestattet mit umfangreichen Räumlichkeiten wie großen Sälen, einer Bierhalle, einem Kaffeehaus etc. gehörte in seiner Glanzzeit zu den beliebtesten Vergnügungslokalitäten im Umfeld des damaligen Wien.
Karl Schwender kam als 1833 als 24jähriger aus Karlsruhe, wo er den Beruf des Kellner erlernt hatte, nach Wien.
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Schwenders Colosseum

Gegründet wurde das Etablissement von einem zugewanderten Kellner aus Karlsruhe: Karl Schwender (1808-1866).
Wer war Karl Schwender?

Karl (oder Carl) Schwender kam als 1833 als 24jähriger aus Karlsruhe, wo er den Beruf des Kellner erlernt hatte.
Zwei Jahre später pachtete er den ehemaligen Kuhstall des Arnstein-Schlosses in der heutigen Schwendergasse und baute ihn zu einem Kaffeehaus um.
Das Lokal ging sehr gut und bald konnte er den einstigen Kuhstall und einen Teil des anschließenden Schlossparks kaufen.
Um 1840 baute Schwender zum Kaffeehaus eine Bierhalle und im Freien ein Sommerrestaurant.
Im Sommer ließ er VolkssängerInnen und VarietékünstlerInnen auftreten, im Fasching bot er Tanzveranstaltungen.
Schon wenige Jahre später konnte er die Lokalität prächtig ausbauen. An der Ecke Mariahilferstraße (damals Schönbrunnerstraße)/Arnsteingasse (heutige Mariahilfer Straße Nr. 189-1919) entstand ein prachtvoller Saal mit anschließendem Kaffeehaus und in der Reindorfgasse ein Hotel.
„Der Schwender“ entwickelte sich binnen weniger Jahre zum beliebtesten Vergnügungsort im Wiener Raum. Der rege Zustrom veranlasste ihn schließlich, die Anlage zu überbauen. Es gab nun zusätzlich auch noch einen Wintergarten und eine Konditorei.
In der heutigen Arnsteingasse errichtete er noch ein drittes Gebäude, den „Harmoniesaal“. Von dort gelangte man in ein unter dem Tanzsaal befindliches Theater, das 500 BesucherInnen Platz bot.

Die gesamte Anlage nannte Karl Schwender nun „Colosseum“. Es gab dort u.a. auch eine Bierhalle und einen Billardsaal.



Sehr beliebt waren die Bälle in der Faschingszeit in Schwenders Colosseum. Eine besondere Attraktion war der von Schwender erfundene „Lumpenball“
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Sehr beliebt waren die Bälle in der Faschingszeit. Eine besondere Attraktion war der von Schwender erfundene „Lumpenball“ (der nach Einwendung der Polizei in „Ball der abgetragenen Kleider“ umbenannt werden musste).

Nach Karl Schwenders Tod 1866 führte sein gleichnamiger Sohn (1839-1876) die Lokalitäten weiter. Die Beliebtheit der riesigen Vergnügungsstätten ging indes immer mehr zurück. Im Sommer ermöglichten es nun Straßenbahn und Eisenbahn weiter hinaus ins Grüne zu fahren, im Fasching wurden die kleineren Veranstaltungen den großen Bällen immer mehr vorgezogen.

Karl Schwender jun. starb 1876. Seine Witwe Anna (spätere Silberbauer) führte den Betrieb noch eine Zeitlang weiter. 1898 wurde das Colosseum schließlich abgerissen und das Gelände verbaut.
Heute erinnert noch die Schwendergasse und der Schwendermarkt an die Familie Schwender.
Eine Nacht bei Schwender
Karl Michael Ziehrer (1843-1922) schrieb eine Polka schnell mit dem Titel Eine Nacht bei Schwender (Op. 169). Ziehrer verfasste übrigens noch ein Werk mit Bezug auf den 15. Bezirk: Die Rudolfsheimerin (op. 39, Polka française)
Quellen
- Klusacek Christine / Stimmer Kurt: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Verlag Kurt Mohl, Wien 1978
- Österreichisches Biographisches Lexikon
- Wiener Weltausstellung
- Sammlungen Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus
- Wienwiki
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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828
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4 Kommentare zu „Wo fand der „Ball der abgetragenen Kleider“ statt?“