#FAQ15/035 Wo befand sich das Braunhirschentheater?

Was Sie schon immer über Rudolfsheim-Fünfhaus wissen wollten …

Hier erfahren Sie regelmäßig interessante Details aus Vergangenheit & Gegenwart von Rudolfsheim-Fünfhaus, dem 15. Wiener Gemeindebezirk.

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FAQ=Frequently Asked Questions (häufig gestellte Fragen)

Vom Hof- zum Volkstheater

Die Geschichte der öffentlichen Theater in Wien begann mit dem Hoftheater am Kärntnertor 1709 und dem 1748 begründeten Hoftheater nächst der Burg. Erst unter Joseph II. (1741-1790) entstanden im Zuge der Spektakelfreiheit (*) Vorstadttheater in der Josefstadt und der Leopoldstadt sowie auf der Wieden.

(*) Die Spektakelfreiheit ermöglichte es, jeglich Art von Theater oder ähnlichem Veranstaltungen in Wien und den Vorstädten abzuhalten. vgl.

Wiener Vorstadttheater nennt man die drei privaten Wiener Theater außerhalb der Stadtmauer (der späteren Wiener Ringstraße), die seit 1776 eröffnet wurden und hauptsächlich ein Repertoire von Possen, Melodramen, Singspielen, Pantomimen pflegten, die als Alt-Wiener Volkstheater bekannt wurden. Später wurden dort Operetten aufgeführt.

Zu den Vorstadttheatern gehören:

Diese Theater richteten sich allein schon aufgrund ihrer Eintrittspreise vorwiegend an ein adeliges bis bürgerliches Publikum, nahmen allerdings auch Elemente der Wandertruppen auf.

Der Vormärz gilt heute als große Zeit des Wiener Volkstheaters und wird mit Namen wie Johann Nestroy (1801-1862) oder Ferdinand Raimund (1790-1836) verbunden. Tatsächlich griffen diese erstmals lokale Themen und Bezüge auf, die noch heute – trotz der damaligen Zensur – einen tiefen Blick in die gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit erlauben.

Gründerzeit – erstes Theater im 15. Bezirk

Die ersten Theater im heutigen 15. Bezirk wurden erst nach Ende des Vormärz im Jahre 1849 begründet. Im Braunhirschentheater spielte bis 1862 das Ensemble des Theaters an der Wien unter freiem Himmel Sommertheater.

Nach dem Konkurs dieser Unternehmung plante Carl Schwender (1808-1866) dort ein festes Theater zu errichten. Schließlich wurde es in Schwenders Colosseum untergebracht. Als Rudolfsheimer Volkstheater, das von 1866 bis 1897 bestand, schrieb es (Vorstadt-) Theatergeschichte.

Das Braunhirschentheater

Am 5. Juli 1848 erhielt der Direktor des Theaters an der Wien Franz Pokorny (1797-1850) die Bewilligung für den Bau eines „Tagestheaters“ (Arena) im Ort Braunhirschen sowie die Erlaubnis für Aufführungen von Lustspielen, Possen und Schauspielen an dieser Spielstätte.

Franz Pokorny: (KHM/ThM: GS_GPG2889)

Pokorny wollte durch dieses Sommertheater im Pereira-Arnstein’schen Park (im Bereich der heutigen Schwendergasse) einerseits seine prekäre finanzielle Situation, die vor allem durch die Renovierung des Theaters an der Wien (ab 1845) entstanden war, verbessern, andererseits die Mitglieder seines Theaterbetriebes über den Sommer hinweg in Arbeit halten.

Im Februar 1849 wurde ein sechsjähriger Pachtvertrag mit Freiin Pereira – Arnstein geschlossen, die Baubewilligung Ende Mai abermals erteilt und das Sommertheater, eine Holzkonstruktion, nach den Plänen von Baumeister Konrad Latzel in Form eines amphietheaterartigen Baues in der Bauzeit von einem Monat errichtet. Die neue Spielstätte wurde wegen ihrer idyllischen Umgebung, ihrer guten Akustik und der bequemen Sitzplätze hoch geschätzt.

Die Eröffnung des Sommertheaters fand am 1. Juli 1849 mit der Uraufführung der Posse von Alois Berla (1826-1896) „Gervinus, der Narr vom Untersberg, oder: Ein patriotischer Wunsch“ mit der musikalischen Umrahmung von Kapellmeister Franz v. Suppé (1819-1895) statt.

Das Braunhirschentheater im Garten des Schlosses Arnstein, Wien Museum (Inv. Nr. 47415)

Der schwer erkrankte Franz Pokorny übergab seinem Sohn Alois 1850 die Agenden sowohl für das Theater an der Wien als auch für das Sommertheater in Fünfhaus.

In der Folge wurde im Sommer (Mai bis September) – bei entsprechender Wetterlage – die Bühne im Arnstein’schen Park durch das Wiener Ensemble bespielt. Bei Schlechtwetter fanden die Aufführungen, wenn möglich, im Theater an der Wien statt. Es kam zu vielen Uraufführungen von Stücken heute (fast) vergessener Autoren wie Alois Berla (1826-1896), Wilhelm Tesco, Karl Elmar (1815-1888) oder Leopold Feldmann (1802-1882).

Sommer=Theater „Ein alter Deutschmeister“ 1854
„Das Stattfinden der Vorstellungen wird durch Signalfahnen angezeigt“
„Sobald die Fahnen eingezogen werden, findet keine Vorstellung statt.“ (Wiener Stadtbibliothek T 77084 C)

Die musikalische Umrahmung dieser Dramen übernahmen vorwiegend die Kapellmeister Franz von Suppé oder Adolf Müller (1801-1886). „Der Höllenkandidat“, komisches Märchen mit Gesang von J. Bernhofer und Alois Blank mit der Musik von Kapellmeister Franz v. Suppé, stellte am 26. Juli 1861 die letzte Erstaufführung dar.

Alois Pokorny bekam in seiner Zeit als Theaterdirektor die finanzielle Misslage des Theaters an der Wien und des Sommertheaters in Fünfhaus nicht in den Griff. Darüber hinaus blieben mit der Zeit, vor allem nach 1860, in beiden Theatern zunehmend die Zuseher weg.

Pokorny musste schließlich mit 21. Mai 1862 Konkurs anmelden. Mit dem Abbruch der Spielstätte im Pereira-Arnstein’schen Park wurde bald darauf begonnen.

Quellen:

  • ANNO
  • Bauer, Anton: 150 Jahre Theater an der Wien. Wien 1952
  • Czeike, Felix: Historisches Lexikon Wien. Wien 1992
  • Hadamowsky, Franz: Wiener Theater Geschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien 1988

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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

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3 Kommentare zu „#FAQ15/035 Wo befand sich das Braunhirschentheater?

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