Wer waren Rosina und Anton Leydolt?

Eine erste Spurensuche

Diesmal geht es in den Bezirks[Museums]News & Oldies um Rosina und Anton Leydolt, nach denen die Rosinagasse und die Leydoltgasse im 15. Bezirk benannt sind.

INHALT

Rosina und Anton Leydolt – Als Straßen miteinander verbunden

Vier Gassen umgeben das Amtshaus des 15. Bezirks heute, welches am Ende der „goldenen Zeit der Wiener Vororte“ erbaut wurde: die Rosinagasse, die Gasgasse, die Staglgasse und die Leydoltgasse.

Rosinagasse, Leydoltgasse, Staglgasse und Friedrichsplatz, Plan: wien.gv.at/stadtplan

Die wichtigste von ihnen ist die Rosinagasse. Bis in die 1860er-Jahre hatte sie den Namen Gemeindegasse, dann wurde sie nach Rosina Leydolt (gest. 1890) umbenannt. Die kürzere Leydoltgasse war um 1891 als Friedrichgasse angelegt worden und somit ursprünglich nach dem Fünfhauser Bürgermeister Adolph Friedrich benannt. Am 18. Juli 1894 wurde sie im Wiener Stadtrat in Leydoltgasse umbenannt.

Der neue Namensgeber war der Fünfhauser Bürgermeister Anton Leydolt (1814-1885), der Vorgänger von Adolph Friedrich. Er war mit Rosina Leydolt verheiratet. Das Ehepaar Leydolt ist daher heute nicht nur im 15. Bezirk indirekt bekannt geblieben, weil Straßen nach ihnen benannt sind, sondern durch diese Straßen sogar miteinander vereint.

Da beide im Oktober starben, soll es in diesem im Oktober erscheinenden Blogartikel um Rosina und Anton Leydolt gehen. Es ist eine erste Spurensuche, denn bisher wissen wir nicht sehr viel über das Ehepaar.  


Anton Leydolt – Postmeister, Fuhrwerksunternehmer und Bürgermeister

Anton Eduard Leydolt wurde am 22. Jänner 1814 in Zlabings, heute Slavonice, damals Kronland Mähren, heute Tschechien, geboren. Er war katholisch und der Sohn des Eisenhändlers Andreas Leydolt (gest. 1842). Zunächst arbeitete er als Nagelschmied und Eisenhändler in Zlabings, nach 1841 soll er bis zu seinem Tod Postmeister in Maissau (Bezirk Oberhollabrunn) gewesen sein.

Zu der Zeit, als er in Fünfhaus wohnte, besaß er ein Stellwagenunternehmen. Dort ist er 1865 als A. Ed. Leydolt im Adressbuch Lehmann auf der Adresse Fünfhaus 240, Gemeindegasse (heute: Rosinagasse 15) als Postmeister, Stellfuhrunternehmer und Gemeinderat genannt.

Anton Leydolt im Adressbuch Lehmann von 1865, Wienbibliothek
Plan Fünfhaus 1868, anstelle des Amtshauses und der Volksschule Friedrichsplatz ist noch
das Bräuhaus und Zobels Bierhalle und Gastgarten zu erkennen.

Um 1873 gehörte ihm nach dem Häuserbuch Czapek das Haus 240 (Rosinagasse 15). Es handelt sich dabei um ein Haus, das erst nach 1853 erbaut worden war, heute aber noch existiert, wenn gleich in einem nicht besonders schönen Zustand.  

Rosinagasse 15 (früher Fünfhaus 240), Foto: BM15_Fototeam 2023

Am 29. Mai 1867 wurde Anton Eduard Leydolt zum Bürgermeister von Fünfhaus gewählt. Bis 1873 verblieb er in diesem Amt.

1867-06-01 Morgen-Post S 3, ANNO

Transkript

*(Vorstandswahlen in der Gemeinde Fünfhaus.) Bei der am 29. Mai vorgenommenen Vorstandswahl der Gemeinde Fünfhaus ist Herr Anton Eduard Leydolt, k. k. Postmeister, zum Bürgermeister, Herr Johann Langauer, Gastwirth, zum ersten, Herr Dr. Friedrich, Apotheker, zum zweiten, Herr Franz Wunsch, Kaufmann, zum dritten, Herr Anton Lang, Fabrikant zum vierten, Herr Med. Dr. Josef Fuchs, Armenarzt, zum fünften, Herr Johann Schlögl, Hausbesitzer, zum sechsten, Herr Josef Czernay, Hausbesitzer, zum siebenten und Herr Michael Stagl, Stadtbaumeister, zum achten Gemeinderathe gewählt worden und haben diese Herren die Angelobung sogleich in die Hände des Herrn Bezirksvorstandes v. Krichbaum geleistet.

Transkript Ende

Zu seiner Amtszeit gibt es nur wenige Zeitungsmeldungen. Im Mai 1868 übernahm er die Direktion der neu gegründeten Wiener Omnibus-Gesellschaft.

1868-05-14 Neues Fremden-Blatt S 4, ANNO

Transkript

* Der Bürgermeister von Fünfhaus Herr Leidolt wird die Direktion der neuen Wiener Omnibus-Gesellschaft übernehmen. Herr Leidolt bezieht dem Verneh­men nach für die desfällige Mühewaltung einen Jahresgehalt von 6000 fl (umgerechnet fast 100.00 Eur).

Transkript Ende


Offensichtlich war er – als Fuhrwerksbesitzer – kein Befürworter der Pferdeeisenbahn, was zumindest in einem der Jörgelbriefe Thema ist. Bereits unter ihm und dem damaligen Bürgermeister von Rudolfsheim, Benedikt Schellinger (1824-1875), gab es 1868 Pläne zur Errichtung einer Brücke über die Westbahngeleise. Die Westbahn hatte Fünfhaus und Rustendorf (jetzt Teil von Rudolfsheim) geteilt, sodass die Bewohnerschaft genötigt war, erst zum Westbahnhof oder zur Schönbrunner Schlossallee zu gehen, um den anderen Ortsteil zu betreten.

Dieser Plan wurde allerdings erst unter Anton Eduard Leydolts Nachfolger, dem Fünfhauser Bürgermeister Adolph Friedrich (1833-1902), mit dem Bau der Schweglerbrücke verwirklicht. Gegen Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister von Fünfhaus, etwa Anfang der 1870er-Jahre, verkaufte die Gemeinde Fünfhaus einen Teil der nördlichen Schmelz an die Nachbargemeinde Neulerchenfeld (heute Teil von Wien 16). Dieser wurde nur wenig später parzelliert und dann bebaut. Eine dort neu angelegte Gasse war vom 24. September 1873 bis 22. Oktober 1873, also ca. ein Monat lang, nach Anton Eduard Leydolt benannt: die Leydoltgasse in Neulerchenfeld. Dann wurde sie in Koflergasse umbenannt, heute ist sie Teil der Herbststraße. Vielleicht spielte dabei eine Rolle, dass Anton Eduard Leydolt 1873 von Adolph Friedrich als Bürgermeister abgelöst worden war. 

Noch während seiner Zeit als Bürgermeister war Anton Eduard Leydolt 1870 Mitglied des Vereins der Ersten österreichischen SparCasse in Wien geworden. Dies blieb er bis zu seinem Tod. Seit dem 17. Jänner 1872 war er außerdem Klubmitglied des Klubs der Verfassungspartei. 1870-1871 und 1871-1878 gehörte er dem mährischen Landtag an. 1871-1872 war er außerdem Mitglied des österreichischen Abgeordnetenhauses für Mähren beziehungsweise für die mährischen Städte Iglau, Trebitsch, Groß Meseritsch, Datschitz, Teltsch, Zlabings, Jamnitz, Neustadtl, Saar, Bystřitz und Großbittesch).  

Leydolts Geburtsstadt Zlabings (Slavonice) ernannte ihn im Februar 1870 zum Ehrenbürger

1870-02-08 Fremden-Blatt S 2, ANNO

Anton Eduard Leydolt starb nach längerem Leiden mit 71 Jahren am 22. Oktober 1885 im ersten Wiener Gemeindebezirk auf Seilerstätte 1. In der Parte wird er als k. k. Erb-Postmeister von Maissau bezeichnet. Nach dieser wurde er in der Dom- und Metropolitankirche St. Stephan eingesegnet und danach in der Familiengruft in Maissau beigesetzt.

1885-10-23 Neue Freie Presse S 24, ANNO
Sterberegister Anton Eduard Leydolt, 22. Oktober 1885, Matricula Online



Rosina Leydolt, geborene Schneider

Anton Leydolt war seit 1837 mit Rosina Schneider (gest. 22. Okt. 1890) verheiratet. Nach einer Information aus den Wiener Geschichtsblättern vom Jahr 1947 soll sie 1858 mit Anton Eduard Leydolt das Haus Fünfhaus Nr. 240 gekauft haben. In den 1860er-Jahren wurde die Gemeindegasse in Rosinagasse umbenannt. Gründe für diese Umbenennung sind nicht überliefert.

Rosina Leydolt, deren Geburtsjahr bisher nicht bekannt ist, überlebte ihren Ehemann um etwa fünf Jahre. Sie starb am 22. Oktober 1890 in der Früh nach längerem Leiden. Nach der Parte wurde sie in der Kirche St. Stephan eingesegnet und dann, wie auch ihr Ehemann, in die Familiengruft nach Maissau überführt. In der Parte wird sie als k.k. Erbpostmeisters-Witwe bezeichnet.

1890-10-22 Neue Freie Presse S 24, ANNO
Sterberegister Rosina Leydolt, 22. Oktober 1890, Matricula Online


Die Familie

Nach den Parten hatten Rosina und Anton Eduard Leydolt Kinder und Enkelkinder. Eine Kurzbiographie auf der Parlamentswebsite spricht von vier Töchtern und sieben Söhnen, von denen zwei jung starben.

Acht Kinder konnten wir bis jetzt in den Matriken von Maissau finden:
11.05.1844: Amalia
09.10.1847: Edmund Karl
20.10.1850: Karl
09.05.1852: Wilhelmine (verh. Wunderer)
04.02.1854: Josef Edmund
19.09.1856: Anton Eduard
12.09.1857: Gustav
08.04.1859: Richard Friedrich

Anton Eduard Leydolt könnte mit jenem Anton Leydolt ident sein, der 1859 im Adressbuch Lehmann genannt wird. Dieser Anton Leydolt war k. k. Postmeister, er wohnte auf Schönbrunner Hauptstraße 171.

1861 wird im Adressbuch Lehmann dann ein Karl (Carl) Leydolt auf der Adresse Fünfhaus 240, Gemeindegasse, als k.k. Postmeister genannt. Dieses Haus gehörte um 1888 den Erben des Karl (Carl) Leydolt.

Karl (Carl) Leydolt war einer der Söhne von Anton Eduard und Rosina Leydolt. Er war „Miethwagen-Unternehmer“ und Mitglied des Wiener Trabrennvereins. Seine Frau Marie, geb. Rückauf könnte die Tochter von Franz Rückauf, dem Betreiber und Vizepräsidenten des von diesem mitbegründeten Trabrennvereins gewesen sein, der ab 1882 auch Gemeinderat in Rudolfsheim war.

1898 Allgemeine Sport-Zeitung S 846, ANNO

Er starb 1898 nach längerer schwerer Krankheit. Das Fuhrwerksunternehmen wurde von seinem jüngeren Bruder und seinem Sohn Richard weitergeführt.

1898-07-22 Neue Freie Presse S 19, ANNO


K. k. Erbpostmeister von Maissau – Beruf, Amt oder Titel?

Anton Eduard Leydolt wird mehrmals als k. k. Postmeister bezeichnet. Nach seiner Parte war er k. k. Erb-Postmeister von Maissau. Dies bestätigt auch der Eintrag in der Sterbematrik (siehe weiter oben).

Die Poststation in Maissau bestand zwischen 1768-1916. Diese diente auch als eine Art Einkehrgasthaus und verfügte über Stallungen, in denen nahezu 100 Pferde Platz hatten.  

Es gibt noch einiges an Klärungsbedarf zu Rosina und Anton Eduard Leydolt und zu deren Familie. Wenn Sie über weitere Infos verfügen, freuen wir uns über Ihre Nachricht unter office@bm15.at


Quellen / Literatur

  • Kurzbiographie, Website Parlament Österreich
  • Felix Czeike (Hrsg.): Leydoltgasse. In: Historisches Lexikon Wien. Bd. 4, Kremayr & Scheriau, Wien, 1995, ISBN 3-218-00546-9. S. 47  
  • Felix Czeike (Hrsg.): Rosinagasse. In: Historisches Lexikon Wien. Bd. 5, Kremayr & Scheriau, Wien, 1995, ISBN 3-218-00547-7. S. 697 
  • Neue Freie Presse v. 23.10.1885 (Parte in zu Anton Leydolt) 
  • Neue Freie Presse v. 22.10.1890, Abendblatt (Parte zu Rosina Leydolt) 

Dass Anton Leydolt das Haus, Rosinagasse 15 gehörte, findet sich in:
Anton Czapek: Neuestes und vollständigstes Häuser-Buch der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Umgebung. Verlag von Jacob Dirnböck’s Buchhandlung (Georg Draudt), Wien, 1873.

Ergänzend dazu der Kataster der Vororte Wiens. Handbuch für Amter, Advocaten, Architekten, Bauunternehmer, Creditinstitute, Hausbesitzer, Capitalisten, Notare etc. Zusammengestellt nach amtlichen Quellen …, 1888.

Entscheidende Informationen sind von Herrn Dr. Franz Adlgasser, Österreichische Akademie der Wissenschaften. Kommission für die Geschichte der Habsburgermonarchie. Vgl. das Fax an Frau Dr. Monika Griebl vom 31. März 2006 und das Mail von Frau Dr. Waltraud Zuleger vom 30. Mai 2011
und von Herrn Dr. Jochen Müller, Bezirksmuseum Ottakring

Weitere Hinweise in folgenden Zeitungen und Zeitschriften:
Wiener Geschichtsblätter 1947
Gerichtshalle 14. März 1864
Morgen-Post 1. Juni 1867

Zur Leitung des Omnibus-Unternehmens, vgl.
Neues Fremdenblatt, 14. Mai 1858

Zur Pferdeeisenbahn, vgl.
Jörgel Briefe, 20. Juni 1868

Planungen zum Bau einer Brücke über die Westbahngeleise, vgl.
Neues Wiener Tagblatt (Tagesausgabe), 3. Oktober 1868

Einträge im Adressbuch Lehmann unter den Links
1859
1861
1865


<< ZURÜCK ZUM INHALTSVERZEICHNIS

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ihnen fehlt etwas? Sie haben weiterführende Informationen?
Dann schreiben Sie doch einfach einen Kommentar. Nützliche Inhalte mit Quellenangabe bauen wir – mit Verweis auf Ihren Kommentar – gerne noch in den Text ein. Alternativ können Sie uns auch ein Mail an office@bm15.at schicken!

Oder wie es Anton Ziegler 1828 (*) so schön ausgedrückt hat:

Jede Belehrung und Berichtigung, welche in Beziehung auf größere Vervollkommnung und Gemeinnutzmachung dieser Herausgabe beabsichtigt ist, wird mit dem ausgezeichnetsten Danke empfangen.

(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

Gefällt Ihnen der Artikel? Dann teilen Sie ihn doch mit Ihren FreundInnen!

Schau mal, ich hab was Interessantes auf WIENfünfzehn gefunden!

Hinterlasse einen Kommentar