und ihr Apotheker Gustav Hummer
Diesmal geht es in den Bezirks[Museums]News & Oldies um die St.-Rudolf-Apotheke (heute: Goldschlagstraße 102, 1150 Wien). Sie ist eine der unbekanntesten Apotheken des 15. Bezirks – zu Unrecht, denn trotz Modernisierung ist noch immer viel von der ursprünglichen Apothekeneinrichtung erhalten, und sie würde somit zu einem Apothekenmuseum taugen.
INHALT
- Eine der kleinsten Apotheken des 15. Bezirks
- Apotheker Gustav Hummer
- Gustav Hummer als Politiker
- Generaldirektor – Redakteur – Apotheker
- Mehr zum Thema Apotheken: Blogartikel von Waltraud Zuleger „Die Apotheken des 15. Bezirks“
- Mehr zum Thema Apotheken: Vortrag von Waltraud Zuleger auf YouTube
- Mehr zum Thema Apotheken: Blogartikel „Apothekengeschichte(n) aus Rudolfsheim-Fünfhaus“ (Karin Martiny)
- Mehr zum Thema Apotheken: Podcast Apotheken-Geschichte(n)
- Quellen/Literatur
Eine der kleinsten Apotheken des 15. Bezirks
Wie auch die Apotheke „Zur Heiligen Corona“ befindet sich die St. Rudolf-Apotheke heute im Grenzgebiet zwischen dem 14. und dem 15. Wiener Gemeindebezirk. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung lag ihr Standort im früheren Vorort Penzing und sie war Teil des damals 13. Wiener Gemeindebezirks „Hietzing“. Erst 1938 wurde ihr Standort Teil des heute 15. Gemeindebezirks.
Die St. Rudolf-Apotheke, die sich bis heute auf ihrem Gründungsstandort befindet, ist eine der kleinsten Apotheken des 15. Bezirks. Was ihre Unterbringung betrifft, gehört sie zu jenen Apotheken dieses Bezirks, die sich nicht in einem Eckhaus befinden.
Weitere solche Apotheken sind die Apotheken „Zur Heiligen Anna“ und „Zur Heiligen Martha“. Ebenfalls nicht selbst im Eckteil eines Hauses befinden sich die Heilborn-Apotheke und die Apotheke in der Lugner City. (Beide sind allerdings als Sonderfälle einzustufen. Die Heilborn-Apotheke ist nach mehreren „Hauswechseln“ heute straßenseitig untergebracht, die Lugner City-Apotheke Teil eines Multifunktionszentrums.)
Die St. Rudolf-Apotheke war Teil einer um die Jahrhundertwende neu errichteten Apotheken-Reihe. Ihre Gründung wurde mit einem Erlass der niederösterreichischen Statthalterei von 14. Dezember 1901 beschlossen. Die Apothekenkonzession wurde mit Magistratsdekret vom 9. Oktober 1902 Mag. pharm. Wenzel Matoušek verliehen, über den nicht viel bekannt ist. Er war zuvor der provisorische Leiter der Apotheke „Zum Goldenen Elefanten“ (gegründet um 1766) im 9. Wiener Gemeindebezirk (heute: Liechtensteinstraße 72) gewesen. Die St. Rudolf-Apotheke eröffnete er im Mai 1903.
Apotheker Gustav Hummer
Bereits am 28. Juli 1910 wurde die Konzession der St. Rudolf-Apotheke an Mag. pharm. Gustav Hummer übertragen und verblieb zunächst in seiner Familie. Nach dieser wurde die Apotheke lange Zeit im Volksmund die „Hummer-Apotheke“ genannt.
Gustav Hummer war mit einer Frau mit Namen Anna verheiratet und hatte eine Tochter, Mag. pharm. Trude Hummer-Kroupa, die ihm nach seinem Tod als Apothekerin der St. Rudolf-Apotheke nachfolgte. Dass er verheiratet war, geht aus dem neuen Firmenwortlaut hervor, nunmehr „St. Rudolph-Anna Mr. Gattin Hummer und Co. Nachfolger Mag. pharm. Trude Hummer-Kroupa“.
Gustav Hummer als Politiker
Der Apotheker Gustav Hummer (11. Dezember 1877, Znaim, damals Kronland Mähren – 17. November 1959, Wien) hat es sogar zu einem Artikel auf Wikipedia gebracht, dies allerdings nicht als Apotheker, sondern weil er außerdem auch als Abgeordneter belegt ist.
Er war der Sohn eines Notars und stammte aus Znaim, wo er seine pharmazeutische Grundausbildung abschloss. Er studierte dann Pharmazie an der Wiener Universität (1902 Mag.pharm.) und außerdem Jus an der juridischen Fakultät (1904 Absolutorium). 1905 erwarb er eine Apotheke in Znaim, 1910 ließ er sich in der Stadt Wien dauerhaft nieder, wo ihm die Konzession für die St. Rudolf-Apotheke erteilt wurde.
1911-1918 war Gustav Hummer Abgeordneter im österreichischen Reichsrat, dann zwischen dem 21. Oktober 1918 und dem 16. Februar 1919 Mitglied der provisorischen Nationalversammlung. Während seiner Zeit als Reichsratsabgeordneter engagierte er sich für die „Deutschradikale Partei“ und war Mitglied ihrer mährischen Landesparteileitung. Vielleicht hat er sich nach dem Ersten Weltkrieg den Sozialdemokraten angeschlossen, jedenfalls ist auffallend, dass seine politische Tätigkeit im Jahr 1934 geendet hat.
Durch sein Jusstudium verfügte Gustav Hummer über entsprechendes juristisches Fachwissen, zudem soll er ein begabter Redner gewesen sein und über glänzende, journalistische Fähigkeiten verfügt haben. Seinen Zeitgenossen galt er als Gegner, der besser nicht unterschätzt wurde.
Generaldirektor – Redakteur – Apotheker
1920-1922 war Gustav Hummer Generaldirektor des österreichischen Mineralwassermonopols. 1929 gründete er die Zeitschrift „Freie Apothekerstimme“, für die er als Redakteur tätig war. Sie wurde bereits 1934, wohl aus politischen Gründen, eingestellt. Danach scheint er sich, nach dem bisherigen Forschungsstand, nur mehr um seine Apotheke gekümmert zu haben. Nach seinem Tod wurde Gustav Hummer am 23. November 1959 auf dem Wiener Friedhof Hietzing beigesetzt.
Mehr zum Thema Apotheken
Blogartikel von Waltraud Zuleger „Die Apotheken des 15. Bezirks“
Michael Ostertag, Apotheker der Dreifaltigkeits-Apotheke – Apotheker in Braunhirschen
Vortrag von Waltraud Zuleger auf YouTube
Blogartikel „Apothekengeschichte(n) aus Rudolfsheim-Fünfhaus“ (Karin Martiny)
Podcast Apotheken-Geschichte(n)
Anlässlich unserer Sonderausstellung „Medizin-Gesundheit-Wohlbefinden“, die von März 2022 bis Jänner 2023 in unserem Bezirksmuseum Wien 15 zu sehen ist, hat Karin Martiny Gespräche mit Apotheker*innen geführt, die ihre Apotheken bereits in dritter Generation als Familienbetrieb leiten. Franz Zeidler, Heinz Kadlez, Petra Tasler, Reinhard und Wolfgang Fischill erzählen über die Geschichte ihrer Apotheken, über ihre Aufgaben und Tätigkeiten, über Veränderungen im Laufe der Zeit und über die besonderen Herausforderungen während der Corona-Pandemie.
In unserem Mini-Podcast „Apothekengeschichte(n) aus Wien Rudolfsheim-Fünfhaus“ können Sie in 26 kurzen Episoden in diese Gespräche hineinhören:
APOTHEKEN-GESCHICHTE(N)[KLICK]
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Quellen / Literatur
- Felix Czeike: Die Wiener Apotheken im 20. Jahrhundert. Erarbeitet nach Akten der Gehaltskasse der Österreichischen Apothekerkammer, 1977
- Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien, 1993-1997 und 2004, 6 Bde.
- Franz Echsel: Historisch-topographische Darstellung des Ortes nebst einem Rückblicke auf die geschichtliche Entwicklung der vor fünfundzwanzig Jahren zur Ortsgemeinde Rudolfsheim vereinigten Gemeinden Reindorf, Braunkirchen und Rustendorf. Festschrift aus Anlass des vierzigjährigen Regierungs-Jubiläums Sr. k. k. apostol. Majestät unseres allergnädigsten Kaisers und Herrn Franz Josef I, 1888, S. 50
- Michael Hahn: Der Bezirk Sechshaus. Eine Beschreibung der Ortschaften Braunhirschen, Fünfhaus, Gaudenzdorf, Ober- und Untermeidling mit Wilhelmsdorf, dann Reindorf, Rustendorf und Sechshaus in historischer, topographischer, statistischer, commerzieller und industrieller Beziehung, 1853, S. 70, S. 80 und S. 107
- Leopold Hochberger – Josef Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken (= Geschichte der Apotheken und des Apothekerwesens in Wien. Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Hrsg. vom Wiener Apotheker-Hauptgremium, Bd. 2), 1919, S. 219f.
- Waltraud Zuleger: Kultur-Spaziergänge in Rudolfsheim-Fünfhaus. Teil 1: Im Umfeld der Reindorfgasse (Edition Bezirksmuseum 15. Bd. 7), 2016. S. 42f.; außerdem finden sich einige Hinweise im Cur- und Fremden-Liste des Curortes Baden bei Wien.
- Wolfgang-Hagen Hein – Holm-Dieter Schwarz (Hrsg.): Deutsche Apotheker-Biographie (= Veröffentlichungen der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie e. V. Neue Folge, Bd. 55, Erg.bd.), 1986, Bd. 55, S. 209
- Eine kurze Zusammenfassung seiner wichtigsten Funktionen als Politiker findet sich unter folgendem Link: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00701/, abgerufen am 4. September 2022
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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828
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3 Kommentare zu „St. Rudolfs-Apotheke – Die bisher unbekannteste Apotheke des 15. Bezirks“