Das „Bild des Monats“ zeigt diesmal ein aktuelles Foto – ein Haus in der Geibelgasse mit 2 Hausnummern. Wir gehen der Frage nach, wie es dazu kam und wer Leberecht Weber war.

Vom Arnstein’schen Garten zur Geibelgasse
Bis in die 70er Jahre des 18. Jhdts. gab es rund um den heutigen Henriettenplatz nur Wiesen, Felder und Weingärten. Dann entstand hier ein Haus mit Garten, das schließlich Ende des 18. Jhdts., genau am 21.10.1793 von Fanny und Adam von Arnstein erworben wurde. Fanny machte das Palais zu einem Treffpunkt bekannter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Finanzen. Sie starb 1818, ihr Mann 1838.
Ab 1845 wurde der Arnstein’sche Besitz allmählich verbaut. Es entstand u.a. die Arnsteingasse, der Henriettenplatz – benannt übrigens nach der Tochter von Fanny von Arnstein – und auch die Geibelgasse. Bis 1894 hieß sie Karolinengasse (auch Carolinengasse).
Auf dem franziszeischen Plan von 1819 kann man das Arnstein’sche Anwesen noch gut erkennen.

1847 gibt es in diesem Bereich die Karolinen- und die Arnsteingasse, die zum Vorort Reindorf gehören. Das Haus Reindorf 60 (Geibelgasse 2-4) gehört einem gewissen Leberecht Weber, Nr. 61 Johann Schmid.

Leberecht und Theresia Weber gehört auch das Haus Fünfhaus 117 in der Sechshauser Hauptstraße, heute Sechshauser Straße 38, das bereits 1828 in „Wiens nächste Umgebungen“ von Ziegler/Vasquez erwähnt wird. Das Ehepaar Weber betreibt dort das Gasthaus „zur Kugel“, eine Lotto-Kollektur und ein Postexpedit.

1859 scheint Leberecht auch im Adressbuch Lehmann auf.

Das Gasthaus bestand dort schon länger. 1804 erschien eine Anzeige in der Wiener Zeitung, in der das „Wirthshaus zur blauen Kugel in Fünfhaus nächst der neuen Linie“ genannt wird.

Leberecht Weber wird bereits 1826 in der Zeitschrift „Wanderer“ erwähnt. Er hatte anscheinend an einem Preisrätsel teilgenommen und die richtige Antwort eingesendet.

1862 scheint Leberecht Weber als Spender für Überschwemmungopfer auf. Gemeinsam mit Eduard Zeinlinger (dessen Bildnis bei uns im Museum hängt), Michael Hahn („Der Bezirk Sechshaus“), August Würffel (Besitzer des Victoriabades) und Katharina Selzer (Verwandte von Josef Selzer, 1850-1863 Bürgermeister von Reindorf).


Im Zuge der 1863 erfolgten Vereinigung der 3 Vororte Reindorf, Rustendorf und Braunhirschen erfolgt eine Neunummerierung der Häuser. Im 1865 erschienen „Häuserschema von Rudolfsheim mit der neuen gassenweisen Nummerirung und einem Orientirungsplane“ erhielt nun das Haus Reindorf 60 die neue Nummer Karolinengasse 2 und r (= reserviert) 4. Hier tauchen also erstmals beide Nummern auf, die für 2 kleine Häuser gedacht waren.
Leberecht Weber starb am 29. Juli 1868, zwei seiner Söhne kurz danach – Wilhelm am 17. Oktober 1868 und Friedrich am 15. September 1869. Sohn Leopold war bereits 1854 in die USA ausgewandert und wurde 1886 für tot erklärt, da er nicht auffindbar war.
Weitere Kinder waren Robert Weber (Salzhändler in Neulerchenfeld), Theresia Weber (Lottocollectantin in Fünfhaus), Karoline Weber, Gelbgießersgattin in Fünfhaus, Anna Betz (Beamtensgattin in Rudolphsheim).


Bis etwa 1888 ist das Haus im Besitz der Nachfahren von Leberecht und Theresia Weber – zuletzt gehört es Theresia und Anna Weber.
Nach der Eingemeindung nach Wien 1892 als 14. Bezirk Rudolfsheim (bestehend aus den Vororten Rudolfsheim und Sechshaus) wurde der Name in Geibelgasse – nach dem deutschen Dichter Emanuel Geibel (1815-1884) – umbenannt.
Das jetzige Gebäude wurde 1901 errichtet und trägt nun beide Nummern. Besitzer ab 1901 war Franz Josef Gerger, ab 1911 Josef und Barbara Rudorfer und ab 1923 Ida Riedl und Mitbesitzer.

Literatur & weitere Infos

Damit genug für heute:
Gehaben Sie sich wohl!
Ihre Brigitte Neichl
Verstand, Herz und gute Laune
Der Untertitel unseres Blogs lautet „DER KulturBlog aus Wien Rudolfsheim-Fünfhaus für Verstand, Herz und gute Laune, bei dem es um Menschen & Themen aus dem 15. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart geht.“
Den Zusatz „für Verstand, Herz und gute Laune“ gibt es seit 27.6.2021. Er ist eine Hommage an die Zeitschrift „Oesterreichisches Bürgerblatt für Verstand, Herz und gute Laune“, die von 1819-1857 (vom 6.1.1819-1819-29.7.1835 unter diesem Titel, dann in Variationen) im Verlag Friedrich Eurich erschien.
Wir identifizieren uns nicht mit der Ausrichtung dieser Zeitschrift. Diese drei Worte haben uns aber angesprochen, weil sie sehr anschaulich das ausdrücken, wofür wir stehen und weil die Kombination einfach genial ist 😉
Wir sind ständig bestrebt, unser Wissen über die Geschichte des 15. Bezirks zu erweitern und möchten diese Erkenntnisse auch an Sie als Leserinnen und Leser dieses Blogs weitergeben (Verstand) und wir berichten hauptsächlich über jene Menschen, die sonst keine Stimme hatten, wir möchten sie und ihr Leben sichtbar machen (Herz). Aber selbstverständlich soll auch der Humor nicht kurz kommen, denn er erleichtert das Leben und auf diesem Wege lässt sich auch sehr viel an Wissen transportieren (gute Laune).
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(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828
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