Was Sie schon immer über Rudolfsheim-Fünfhaus wissen wollten …
In Folge 1 von „Die Straßen von Fünfhaus 1828“ gehen wir die Sechshauser Hauptstraße entlang und hören u.a. von Kaffeehäusern, Gastwirtschaften, einer Hutfabrik und von Leuchtgas. Wir besuchen Christoph Huber, Franz Göttler, Katharina Bößler, Rosina Höbinger, Karl Demuth, Josef Reichl und Cornelius Pague. Kommen Sie mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit von Rudolfsheim-Fünfhaus!
Sie interessieren sich für interessante Details aus Vergangenheit & Gegenwart von Rudolfsheim-Fünfhaus, dem 15. Wiener Gemeindebezirk? Dann sind Sie hier richtig beim Blog WIENfünfzehn!
Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns unter faq15@bm15.at


Fünf Dörfer bei Wien – unendliche Weiten …
Wir schreiben das 21. Jahrhundert. Dies sind die abenteuerlichen Erkenntnisse des Bezirksmuseums Rudolfsheim-Fünfhaus, das mit seiner 20 Personen starken Besatzung seit 1972 unterwegs ist, um vergangene Ereignisse zu erforschen, das Leben unserer Vorfahren zu ergründen und einen Beitrag zu Gegenwart und Zukunft der Stadt zu leisten. Mitten im 15. bringt das Museumsteam Erkenntnisse ans Licht, die Sie so vielleicht noch nie zuvor gehört haben.
Die Geschichte des heutigen 15. Bezirks beginnt im Wesentlichen in der Zeit nach der Zweiten Türkenbelagerung (1683). Mehr dazu hier:
1828 erschien der 4. von insgesamt sieben Bänden der Reihe „Wien’s nächste Umgebungen. An den Linien“. Auf 72 Seiten beschreiben darin Anton Ziegler und Graf Carl Vasquez die fünf Ortschaften Fünfhaus, Sechshaus, Braunhirschen, Reindorf und Rustendorf, aus denen später der 15. Bezirk entstehen sollte.
Zur Geschichte von Fünfhaus erfahren wir Folgendes von Ziegler und Vasques:
In früherer Zeit hatte der (…) Ort Fünfhaus die Benennung ‚hangende Lüsse oder hangender Liß‘. Den heutigen Namen erhielt dieses Dorf erst vor ungefähr einem halben Jahrhundert (gemeint um 1780, Anm.), da zu jener Zeit nicht mehr als fünf Häuser in dieser großen Felder=Ebene angebaut waren.
Auch der diesem Orte an der Straße gegenüber und zu nächst liegende ehemalige Karmeliterhof, in welchem Herr Oesterlein ein schönes Wohngebäude, und gleich nebenan ein langes Gebäude für die Gewehrfabrike, welche er aus der Wiener=Vorstadt Alsergrund zu größeren Erweiterung hierher verlegte, herstellen ließ, wurde bey der neuen Numerirung des Wiener=Vorstadtgrunde Schottenfeld mit seiner nicht unbedeutenden Nebengebäuden, dem im Jahre 1755 entstandenen Dorfe Fünfhaus zugewiesen. Die Ortsobrigkeit wird sowohl über den sogenannten Karmeliterhof, als auch über die in seiner Nähe liegenden Nebengebäude derzeit von dem Barnabitten Collegium zu St. Michael in Wien (…) ausgeübt.

Wie sah es nun 1828 in Fünfhaus aus? Kursiv immer Zitate von Ziegler und Vasquez. In der digitalen Wienbibliothek können Sie alle sieben Bände übrigens einsehen und auch herunterladen.
Fünfhaus 1828
Fünfhaus ist ein Dorf im Kreise Unter=Wiener =Wald (1), von Wien, nächstgelegen außerhalb der Mariahilfer=Linie, zwischen der Poststraße (=Mariahilferstraße) und dem Wienfluße, angränzend an Sechshaus, Reindorf und Braunhirschen.

(1) Diese Bezeichnung – abgekürzt auch U.W.W. oder V.U.W.W. – wurde im Zuge der Theresianischen Reformen errichtet und bestand bis 1867/68 (Quelle).
Die Ortsobrigkeit hat das Barnabitenkollegium zu St. Michael in Wien inne, die Grundherrschaften (3) sind aufgeteilt auf
- Herrschaft St. Michael
- Herrschaft Braunhirschen
- Stiftsherrschaft Schotten
- Herrschaft Penzing
(3) Die Grundherrschaft war die vom Mittelalter bis zum Jahr 1848 vorherrschende rechtliche, wirtschaftliche und soziale Besitzstruktur (Quelle: WienGeschichteWiki).
Landgericht: Die Gerichtsbarkeit in „Criminal-Angelegenheiten“ wird vom „Wiener=Stadt=Magistrate“ ausgeübt.
Ortspolizey: Die Angelegenheiten, welche Verletzungen des Lebens, und der Gesundheit, dann Handlungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit des Eigenthums etc. zum Gegenstande haben, besorgt die k.k. Polizey=Bezirks=Direktion Mariahilf.
Werbbezirk (4) ist das Niederösterreichische Linien=Infanterie=Regiment, Hoch und Deutschmeister Nr. 4 (Aufschläge und Krägen himmelblau, gelbe Knöpfe).
(4) Ein Werbbezirk ist eine historische Verwaltungseinheit des 18. und 19. Jahrhunderts in Österreich. Das Wort ist abgeleitet von anwerben für militärische Dienste. Werbbezirke hatten die Aufgabe, die Verwaltungsangelegenheiten für die Rekrutierung von Soldaten und Zugvieh für die Regimenter im Heer des Habsburgerreichs zu erledigen. Die Einrichtung der Werbbezirke erfolgte ab 1770 im Zusammenhang mit der Volkszählung und Häusernummerierung. (Quelle: Wikipedia)

August Wilhelm Jurek
Der Deutschmeister-Regimentsmarsch
Der Komponist August Wilhelm Jurek (1870-1934), geboren in Rudolfsheim (damals 14. Bezirk), zuletzt wohnhaft in der Dingelstedtgasse 16, verfasste 1893 den „Deutschmeister-Regimentsmarsch“, der sein bekanntestes Werk werden sollte.
Ernst Marischka drehte 1955 den Film „Die Deutschmeister“ mit Romy Schneider und Magda Schneider, Gretl Schörg, Susi Nicoletti, Adrienne Gessner, Hans Moser, Paul Hörbiger und Siegfried Breuer jr. Der Film erzählt in romantisierender Weise die Entstehung des Deutschmeister-Regimentsmarsches.
Hier ein Ausschnitt auf YouTube:
In dieser Szene ist übrigens auch Heinz Conrads zu sehen. Conrads wuchs im 15. Bezirk auf und besuchte die heutige Sir Karl Popper-Schule in der Felberstraße / Ecke Schweglerstraße (damals 14. Bezirk Rudolfsheim).
1938 wurde im Zuge der Straßenumbenennungen der Nationalsozialisten – von Straßen, die nach Jüdinnen und Juden benannt waren – die Pereiragasse in Jurekgasse umbenannt.


Die „Conscriptions=Herrschaft“ (5) hatte das Barnabitenkollegium zu St. Michael in Wien.
(5) Konskription ist die schriftliche Aufstellung und Zusammenfassung statistischer Daten (Quelle: Wikipedia).
Decanat (6): Derzeit die Pfarre zu Hütteldorf
(6) Dekanat ist ein Begriff für eine kirchliche Verwaltungseinheit (Quelle: Wikipedia)
Ortsgericht: Dieses besteht aus einem Richter und mehreren Geschworenen, welche aus den Ortsangesessenen mit dem Einverständnis des Richters von der Gemeinde selbst gewählt werden, und das Oeconomische des Ortes besorgen.
Es gibt einen Ortsrichter (Johann Hübel), einen Gerichtsschreiber und Rechnungsführer (Franz Glimpfinger), drei Geschworene oder Beisitzer (Cornelius Pague, Franz Göttler, Johann Schmidt) sowie vier Wachtmeister, zwei Feuerkommissäre und zwei Armenväter (Anm.: ehrenamtliche Unterstützung der Armenbetreuung).
Die Aufgaben eines Armenvaters
In der Österreichischen Zeitschrift für Verwaltung vom 25.10.1883 werden die Aufgaben eines „Armenvaters“ beschrieben – zwar für Graz, aber in Wien bzw. „Wiens Umgebungen“ dürfte es ähnlich gewesen sein.

Transkript
Zum Zwecke der Armenverwaltung ist die Stadtgemeinde Graz in zehn Armenbezirke getheilt, welche wieder in Armendistricte zerfallen, deren jedem ein Armenvater vorsteht. Diese im Vereine mit dem Armendirector, dem Vertreter des Pfarramtes und dem Armenarzte bilden die Armendirection jedes Bezirkes, welcher die locale Armenverwaltung obliegt.
Das Amt der Armenväter wird in dem Statute selbst als die Grundlage des Organismus der Armenbehörde und die Ausübung dieses Amtes mit Eifer, Ausdauer und Gewissenhaftigkeit als unumgänglich nothwendige Voraussetzung einer ersprießlichen Armenpflege bezeichnet, und die genaue Bekanntschaft der Armen seines Districts, möglichste Sorgfalt für die Linderung der Noth werden von dem Armenvater verlangt.
Zur Erreichung dieser Aufgabe werden genaue und gewissenhafte Erhebungen der Verhältnisse aller ihm von der Armendirection zugewiesenen Armen, fleißige Theilnahme an den monatlichen Directionsitzungen, sorgsame Ueberwachung der Armenbetheilten seines Districts und Anzeige von die Betheilung aufhebenden Umständen als Obliegenheiten des armenväterlichen Amtes bezeichnet.
Die Anforderungen, welche auf diese Weise an den Armenvater gestellt werden, sind keine geringen, und einen hohen Grad öffentlichen Vertrauens setzt die Wahl zu einem Amt mit so hohen und strengen Qualificationen voraus.
Transkript Ende
Weiter geht es mit Ziegler und Vasques.
Pfarre: Der Ort Fünfhaus gehört zur Pfarre am Braunhirschengrund (=Reindorfkirche, Anm.)
Ortsschule, in Fünfhaus in der Schulgasse Nro. 88.
Schullehrer. Herr Jakob Bösel
Drey Orths=Hebammen
Die Straßen von Fünfhaus
Aber nun geht es endlich auf in die Straßen von Fünfhaus!
1828 gibt es in Fünfhaus 128 Häuser – davon 18 (!) Wirtshäuser – in insgesamt 12 Gassen bzw. Straßen:
- An der Mariahilferstraße (nächst der Linie) (=Mariahilfer Gürtel)
- Auf der Schmelz (ungefähr Hütteldorfer Straße)
- Blindegasse (=Friesgasse)
- Fünfhausgasse
- Hauptstraße (nach Schönbrunn) (=Mariahilfer Straße)
- Hauptstraße (von Sechshaus; an der neuen Linie) (=Sechshauser Straße)
- Herrngasse (=Turnergasse)
- Johannesgasse (=oberer Teil der Herklotzgasse Richtung Gürtel)
- Josephigasse (=Talgasse)
- Krongasse (=Kranzgasse)
- Schulgasse (=Herklotzgasse)
- Schwangasse (=Clementinengasse)
Fünfhaus wird begrenzt vom Linienwall von der Sechshauser Hauptstraße, Reindorf, Braunhirschen und der Hauptstraße nach Schönbrunn (k.k. Poststraße) bzw. der Schmelz.

Sechshauser Hauptstraße
Wir beginnen unseren Spaziergang im Jahr 1828 in der Sechshauser Hauptstraße (heute Sechshauser Straße). Dort befinden sich die Häuser Nr. 1-7, 94-99 und 114-117.

An den eingekreisten Häusern werden wir jeweils kurz Halt machen und unsere Aufmerksamkeit den Besitzer*innen und Bewohner*innen sowie etwaigen Besonderheiten zuwenden und auch den einen oder den anderen Blick von 1828 aus in die Zukunft wagen.
Auf dem aktuellen Plan kann man erkennen, dass sich die Bebauung in diesem Bereich der Sechshauser Straße nicht wesentlich von 1828 unterscheidet. Bis auf die heutige Nummer 2 (hier wurde um 1880 ein Neubau errichtet, damals mit der Nummer Fünfhaus 493) gab es auch 1828 an denselben Stellen schon Häuser.

Fünfhaus 1: Kaffeehaus-Besitzer und Traiteur Christoph Huber
Fünfhaus 1 = Sechshauser Straße 4
Im Haus Nummer 1 befindet sich „Herrn Huber’s Kaffeyhaus“. Über Christoph Huber erfahren wir in der Wiener Zeitung vom 14.4.1827, dass er sich – gemeinsam mit anderen – „durch Geschenke an einer Belohnung würdige Jugend ausgezeichnet“ hat.

Christoph Huber scheint auch noch im 1837 erschienen „Wegweiser in den Ortschaften: Fünfhaus, Sechshaus, Braunhirschen, Reindorf und Rustendorf“, herausgegeben von Anton Ziegler auf. Das Gebäude wird als Traiteurie und Kaffeehaus geführt.
Der Begriff Traiteurie stammt aus dem französischen und bezeichnete ab dem Vormärz einen Gastwirt in gehobener Umgebung. Die Traiteur war meist auch mit qualitätvollen Musikdarbietungen verbunden (Quelle: WienGeschichteWiki).
Im selben Haus gibt es 1837 auch einen Schneidermeister namens Wilhelm Günze und einen Hutfabrikanten mit Namen Franz Kraft.
Die Familie Huber scheint übrigens bis 1936 im Bereich Sechshauserstraße 2 bzw. 4 / Mariahilfergürtel 1 bzw. 3, Herklotzgasse 1 bzw. 3 und Turnergasse 2 bzw. 2a auf.
1843 wird eine Josepha Huber genannt, ebenfalls mit Kaffeehaus, 1862 führt Josef Huber dort eine Gastwirtschaft. Anna Huber wird 1880 als Besitzerin von Fünfhaus Nr. 1, aber auch vom danebenliegenden neu gebauten Haus Fünfhaus Nr. 493 (=Sechshauser Straße 2) genannt.
1888 scheint ein Josef Huber auf, allerdings nur mehr als Besitzer des Neubaus. Das ursprüngliche Gebäude Fünfhaus Nr. 1 (Sechshauser Straße 4) gehört nun Heinrich und Josefa Mache (oder Macho).
1901 wurde das heute noch bestehende Haus (Sechshauser Straße 4) erbaut und gehörte Thomas und Felixa Kozich.
Josef Huber ist noch bis 1936 im Adressbuch Lehman als Hausbesitzer an der Adresse Mariahilfer Gürtel 3 zu finden.



Foto: Brigitte Neichl, 2021
Kaffeehaus-Tradition bis in die 1960er Jahre
Fünfhaus 1 = Sechshauser Straße 4
Bis in die 1960er Jahre bestand in der Sechshauser Straße 4 noch ein Kaffeehaus – Café Riedmüller.
1941 wurde ein „Ober mit Inkasso“ für das Café Riedmüller gesucht.


Im Bild noch zu sehen sind die Gleise der ehemaligen Straßenbahnlinie 57 (bestand bis 13.5.1966), Foto: Sammlung BM 15

Fünfhaus 493: Hutmacher & Heimatdichter Josef Reichl
Fünfhaus 493 = Sechshauser Straße 1
Am Haus Sechshauser Straße 2 (Fünfhaus 493) befindet sich eine Gedenktafel für den Heimatdichter und gelernten Hutmacher Josef Reichl (1860-1924), der auf Nr. 4 auch ein Hutgeschäft (vielleicht eine Nachfolge von Hutfabrikant Franz Kraft, siehe Fünfhaus 1) samt Huterzeugung führte.


Text der Gedenktafel:
In diesem Hause lebte, wirkte und starb der burgenländische Heimatdichter Josef Reichl.
Güssing 1860 – Wien 1924


Fünfhaus 7: Geschworener Franz Göttler
Fünfhaus 7 = Sechshauser Straße 16
Das Haus Nummer 7 gehört Franz Göttler, einem der drei Geschworenen bzw. Beisitzer. Die Wiener Zeitung berichtet am 20.9.1831, dass dieser die unentgeltlichen Unterbringung des Schullehrers von Fünfhaus, Jakob Blösel, übernommen hat (von diesem Jakob Bösel werden wird noch hören, wenn wir in die Schulgasse (heute Herklotzgasse) spazieren).


Das heutige Gebäude Sechshauserstraße 16 / Ecke Fünfhausgasse wurde 1900 erbaut und gehörte 1905 einem gewissen Herrn Karl Blaimschein (1853-1933), der in der Diefenbachgasse 59 am 1. Juni 1900 die VEREINIGTE MARGARINE UND BUTTERFABRIKEN BLAIMSCHEIN KHUNER MOLL & JULIUS GRANICHSTÄDTEN Ges. m. b. H. gründete, die bis 1938 bestand.

Foto: Sammlung BM 15
Bereits seit 1849 befindet sich an der Adresse Fünfhaus 7 die Apotheke zum Erzengel Michael. Gegründet wurde diese von Eduard Kaudelka, seit 1879 bis heute wird sie von der Familie Zeidler geführt. Bis 1899 befand sich die Apotheke im Vorgängerbau, danach bis 1999 gegenüber auf Sechshauser Straße Nr. 9 und seit 1999 wieder am Ursprungs-Standort.
Fünfhaus 97: Gastwirtin Katharina Bößler
Fünfhaus 97 = Sechshauser Straße 26
Auf Nummer 97 befindet sich das Gasthaus zum Adler. Als Besitzerin wird Katharina Bößler genannt.
1896 entstand das heutige Gebäude und beherbergt seit einiger Zeit eine Selbstbedienungs-Postabholestelle. An der im unteren Bild bezeichneten Stelle befindet sich ein Adler. Möglicherweise soll dieser an das ehemalige Gasthaus erinnern oder stammt sogar vom Vorgängerbau!

So sieht der Adler auf dem Haus Sechshauser Straße 26 aus der Nähe aus.

Die letzte Wette des Willibald Kobolder
Im Jänner 1871 ereignete sich im Gasthaus zum Adler ein kurioser Todesfall, der – wie sollte es in einem Wirtshaus auch anders sein – mit (viel) Alkohol zu tun hatte.
Aber lesen Sie selbst … Oder hören Sie sich das Audio-Transkript an. Sie finden es unter dem Zeitungsausschnitt.

Audio-Transkript: Die letzte Wette des Willibald Kobolder (1871)
Fünfhaus 99: Gastwirtin Rosina Höbinger
Fünfhaus 99 = Sechshauser Straße 30
Auf Nummer 99 befindet sich das Gasthaus zur goldenen Krone – Besitzerin ist Rosina Höbinger. Diese starb am 28.4.1839 als „gewesene Gastwirthinn und Hauseigenthümerinn“.
In der Wiener Zeitung vom 18.7.1839 werden Erben bzw. Gläubiger gesucht, da diese „ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung“ verstorben war.

1899 entstand das noch heute bestehende Gebäude Ecke Kranzgasse. Die Gasthaus-Tradition blieb bestehen. 1907 lesen wir von „Johann Langs Restauration“. 2021 befindet sich ein „Club Sahara. Orientalische Gerichte, Schischa, Veranstaltungsraum“ im Ecklokal.

Fünfhaus 114: Wirt, Fabrikant, Leuchtgas-Verbesserer und Tivolibesitzer Karl Demuth
Fünfhaus 114 = Sechshauser Straße 32
Nummer 114 gehört einem gewissen Karl Demuth (geb.1785-gest. am 26.3.1853; weiter unten fälschlich 16.3.!), Wirt (Zum guten Hirten) und Blechwaren-Fabrikant (Spenglermeister).
Das derzeitige Haus wurde 1898 erbaut. Derzeit befindet sich hier der Handyshop Turan. Der Hauseingang ist in der Kranzgasse 1.
Bis vor wenigen Jahren befand sich hier noch das Installateurgeschäft Borovszky. Seit kuzem ist die „radbar“ mit ihrer Fahrrad-Werkstatt – Geschäftsführer: Mag. Bernhard Kerschbaumer – im Ecklokal Sechshauserstraße 32, Ecke Kranzgasse 1 eingezogen. Der technische Schwerpunkt ist also erhalten geblieben.
Karl Demuth wäre sicher sehr interessiert an den technischen Neuerungen des 21. Jahrhunderts.

Lampen, Caffeemaschinen und Handlaternen
Bereits 1818 befand sich Karl Demuths Werkstatt „vor der neuen Linie in Fünfhaus Nr. 114“. Er bietet „seinen Herren Abnehmern“ „Lampen,, Caffeemaschinen und Handlaternen“ an. „In der Stadt“ am Neuen Markt und gegenüber der Haupt(Feuer)Wache zur Marktzeit, war er ebenfalls präsent.

Gegenstände aus Drahtgeweben
1827 hatte er das das kaiserliche Privileg (im Sinne von Patent bzw. Konzession) für eine „Methode, aus Drahtgeweben verschiedene Gegenstände zu erzeugen“ erhalten. Am 31.3.1833 wurde in der k.k. privaten Prager Zeitung verkündet, dass das Patent „nunmehr Jedermann frei steht“.

Argendische Lampen
1830 schaltete er in der Wiener Zeitung eine „Anzeige der englischen Bronze=Metall=Lampen“, in der er „nebst allen blanken und lackirten Blechwaaren, ein schönes Sortiment von englischen und argandischen (1) Lampen nach den neuesten englischen und französischen Mustern“ anbietet.
(1) Argandische Lampe: Dieses Modell der Öllampe wurde im Jahr 1780 vom Schweizer Ami Argand (eigentl. eigentl. François-Pierre-Amédée Argand) (1750-1803) erfunden und ermöglichte ein saubereres Verbrennen des Brennstoffes. Quelle: WienGeschichteWiki

Zum Schmunzeln regt der letzte Satz an, der von hohem Selbstbewusstsein geprägt ist 😉
„Da die Fabrik des Unterzeichneten sowohl im In= als Auslande wegen ihrer soliden Arbeit und Billigkeit, als auch nicht unbedeutenden Versendungen allgemein bekannt ist, so findet es der Unterzeichnete für überflüssig Mehreres über seine Fabrikate zu erwähnen.“

Privileg auf Verbesserung des Leuchtgases
Am 4. November 1836 wurde Demuth ein Privileg auf Verbesserung des Leuchtgases verliehen.
Demuth trat das Privileg auf Verbesserung des Leuchtgases in der Folge an die von Theodor Friedrich Hené im Jahr 1839 gegründete Gesellschaft zur Beleuchtung mit k. k. ausschließlich privat verbessertem Gas ab.

Mehr zur Geschichte der Gaserzeugung finden Sie hier.
Vergnügungsetablissement Tivoli
Ab 1837 war Demuth auch kurzzeitig Besitzer des Tivoli. Das Tivoli war ein berühmtes Vergnügungsetablissement im ehemaligen Wiener Vorort Obermeidling. Es lag zwischen den heutigen Straßenzügen der Hohenbergstraße, Tivoligasse und Grünbergstraße, nunmehr im 12. Bezirk Meidling.

Plan wien.gv.at
Karl Demuth führte eine „Schlittenrutschfahrt nach russischer Manier und einem Canale zum Schlittschuhlaufen“ ein, um die „Bewohner Wiens mit einer neuen, hier noch nicht Statt gefundenen Winter=Belustigung zu überraschen“.


„Bedeutend herabgesetzte Preise“
1846 bewirbt Karl Demuth einen „Ausverkauf“ von „Lustern, Billard=, Lese-, Stiegen=, Wand= und Nachtlampen, Haus= und Straßenlaternen sowie allen sonstigen blanken und lakirten Blech= und Messingwaaren“ an, da er sich „schon durch mehrere Jahre, jetzt aber besonders mit Anfertigung aller Gasbeleuchtungs=Gegenständen befaßt“ und so seine „Lampen= und Blechwaaren=Fabriks=Niederlage in der Stadt“ aufgegeben hat.

Gewesener Hauseigenthümer in Fünfhaus 144
Karl Demuth – „gewesener Hauseigenthümer in Fünfhaus Nr. 114“ – starb am 26.3.1853 (nicht 16.3., wie im unten stehenden Artikel geschrieben).






In der Wiener Zeitung vom 24.4.1853 werden die „Karl Demuth’schen Verlassenschafts-Gläubiger“ aufgefordert, sich zu melden, wenn sie eine „Forderung zu stellen haben“.


Fünfhaus 115: Geschworener und Rothgerbermeister Cornelius Pague
Fünfhaus 115 = Sechshauser Straße 34
Auf Fünfhaus Nummer 115 wohnt einer der drei Geschworenen Cornelius Pague. Von Beruf ist er „Rothgärbermeister“.
„Die Berufsbezeichnung Lohgerber bzw. Rotgerber leitet sich ab vom heute weitestgehend untergegangenen Handwerk der Lohgerberei, einer spezialisierten Form der Gerberei, die Rinderhäute zu strapazierfähigen, kräftigen Ledern verarbeitete, beispielsweise für Schuhsohlen, Stiefel, Sättel oder Ranzen. Lohgares Leder ist kaum elastisch, dafür gewinnt es beim Gerben auf Kosten der Fläche an Dicke und wird sehr widerstandsfähig gegen Wasser und schwache Säuren.“ (Quelle: Wikipedia)
Das jetzige Gebäude entstand 1898.

In Folge 2 spazieren wir die Herrngasse (Turnergasse) und Schwangasse (Clementinengasse) bis zur k.k. Poststraße (Mariahilfer Straße) entlang und werden sehen, was uns die Vergangenheit zu erzählen hat.

Link noch nicht aktiv – der Blogartikel muss erst noch recherchiert und geschrieben werden 😉
Quellen

Damit genug für heute:
Gehaben Sie sich wohl!
Ihre Brigitte Neichl
Verstand, Herz und gute Laune
Der Untertitel unseres Blogs lautet „DER KulturBlog aus Wien Rudolfsheim-Fünfhaus für Verstand, Herz und gute Laune, bei dem es um Menschen & Themen aus dem 15. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart geht.“
Den Zusatz „für Verstand, Herz und gute Laune“ gibt es seit 27.6.2021. Er ist eine Hommage an die Zeitschrift „Oesterreichisches Bürgerblatt für Verstand, Herz und gute Laune“, die von 1819-1857 (vom 6.1.1819-1819-29.7.1835 unter diesem Titel, dann in Variationen) im Verlag Friedrich Eurich erschien.
Wir identifizieren uns nicht mit der Ausrichtung dieser Zeitschrift. Diese drei Worte haben uns aber angesprochen, weil sie sehr anschaulich das ausdrücken, wofür wir stehen und weil die Kombination einfach genial ist 😉
Wir sind ständig bestrebt, unser Wissen über die Geschichte des 15. Bezirks zu erweitern und möchten diese Erkenntnisse auch an Sie als Leserinnen und Leser dieses Blogs weitergeben (Verstand) und wir berichten hauptsächlich über jene Menschen, die sonst keine Stimme hatten, wir möchten sie und ihr Leben sichtbar machen (Herz). Aber selbstverständlich soll auch der Humor nicht kurz kommen, denn er erleichtert das Leben und auf diesem Wege lässt sich auch sehr viel an Wissen transportieren (gute Laune).
Liebe Leserin, lieber Leser!
Ihnen fehlt etwas? Sie haben weiterführende Informationen?
Dann schreiben Sie doch einfach einen Kommentar. Nützliche Inhalte mit Quellenangabe bauen wir – mit Verweis auf Ihren Kommentar – gerne noch in den Text ein. Alternativ können Sie uns auch ein Mail an office@bm15.at schicken!
Oder wie es Anton Ziegler 1828 (*) so schön ausgedrückt hat:
Jede Belehrung und Berichtigung, welche in Beziehung auf größere Vervollkommnung und Gemeinnutzmachung dieser Herausgabe beabsichtigt ist, wird mit dem ausgezeichnetsten Danke empfangen.
(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828
Gefällt Ihnen der Artikel? Dann teilen Sie ihn doch mit Ihren FreundInnen!
Schau mal, ich hab was Interessantes auf WIENfünfzehn gefunden!
Tweet
Interessant wäre noch zu bemerken, dass 1803 die Hausnummer Fünfhaus 7 die Hausnummer 1 trug. Besitzer war damals schon Franz Göttler, Bäckermeister, der später auch als Besitzer eines Backhauses in der Josephigasse 33 aufscheint, 1837 bei Ziegler, die Göttler,schen Erben als Eigentümer genannt. Franz Bankert folgte als Bäckermeister an der Adresse Fünfhaus 7 nach.
Gefällt mirGefällt mir