#FAQ15/055 Seit wann ist die Linie 49 in Betrieb und was fuhr dort davor?

Was Sie schon immer über Rudolfsheim-Fünfhaus wissen wollten …

Die Straßenbahnlinie 49 führt vom Urban-Loritz-Platz bis zur Hütteldorferstraße durch Rudolfsheim-Fünfhaus. Begleiten Sie uns auf einem kleinen Streifzug und erfahren Sie, welches Verkehrsmittel dort schon ab 1873 in Betrieb war.

Sie interessieren sich für interessante Details aus Vergangenheit & Gegenwart von Rudolfsheim-Fünfhaus, dem 15. Wiener Gemeindebezirk? Dann sind Sie hier richtig beim Blog WIENfünfzehn!

Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns unter faq15@bm15.at

FAQ=Frequently Asked Questions (häufig gestellte Fragen)

Es war einmal … eine Pferde-Tramway

Schon seit 1873 bestand auf einem Teil der Strecke [vom Gürtel bis Breitensee) ein Betrieb als Pferde­tramway, seit 1885 mit Dampfbetrieb bis zur Linzer Straße, seit 1903 elektrisch auf der heutigen Strecke.

Plan um 1900: Gut erkennbar die Strecke der Dampf­tramway, die vom Hotel Wimberger nach Breitensee führte
Dampftramway in der Märzstraße beim Zirkus Schuman um 1900

Linie 49

Seit 14. Februar 1907 ist die Linie 49 in Betrieb.

Altes Liniensignal der Linie 49
Weg der Linie 49 durch den 15. Bezirk

Gesamtstrecke: Dr. Karl-Renner-Ring – Hütteldorf/ Bujattigasse

Strecke im 15. Bezirk: Urban-Loritz-Platz – Hütteldorferstraße.

Kultur-Linie 49 (eine Auswahl):

Station Urban-Loritz-Platz

Zweimal die Linie 49 beim Urban-Loritz-Platz: Links um 1920, rechts 2004. Jeweils auf der linken Seite das Hotel Wimberger (jetzt Arcotel Wimberger)

Unweit des Urban-Loritz-Platzes befindet sich die vom Architekten Roland Rainer (1910-2004) geplante Wiener Stadthalle [eröffnet am 21. Juni 1958), Die Stadthalle ist das größte Veranstaltungszentrum Österreichs. Sie ist einer der drei größten Veranstaltungskomplexe und eine der führenden Event-Locations in Europa.

Die Stadthalle nach ihrer Fertigstellung Ende der 1950er Jahre – Eröffnung am 21.6.1958.

Ecke Neubaugürtel/ Märzstraße stand das legendäre Gasthaus Wimberger gegründet vom Gastwirt, Hotelier und Politiker Karl Wimberger (3.10.1834-24.2.1926), der als der inoffizieller Gründer von Neufünfhaus gilt. Er wurde liebevoll als „Papa Wimberger“ bezeichnet.

Karl Wimberger (1834-1926) -Gastwirt, Hotelier, Politiker

Karl Wimberger kam mit 12 Jahren nach Wien, erlernte das Kellnergewerbe und übernahm bereits 1860 das Gasthaus „Alte Hühnersteige“ an der Mariahilfer Linie.

Fünf Jahre später baute er Ecke Neubaugürtel/Märzstraße sein „Gasthaus Wimberger“ und 1870/71 schließlich am inneren Neubaugürtel (damals 15. Bezirk) das „Hotel Wimberger“.

Gasthaus Wimberger (vorne links) um 1900, Aquarell Viktoria Lako nach einem zeitgenössischen Foto
Postkarte des Hotels Wimberger (vor 1901)

Station Huglgasse

In der Huglgasse 1-3 befand sich bis 2012 das 1890 eröffnete Elisabethspital; 1896 folgte der von Baron Albert Rothschild gestiftete – denkmalgeschützte – Bettina-Pavillon.

Im Zuge der Spitalsreform 2011 wurde der Komplex (bis auf den Bettina-Pavillon) abgerissen und auf dem Gelände ein Pflegewohnhaus errichtet.

Am angrenzenden Kardinal-Rauscher-Platz befindet sich die 1899 fertig gestellte Rudolfsheimer Pfarrkirche.

Linie 49 in der Märzstraße 1950er Jahre – im Hintergrund ist die Rudolfs­heimer Pfarrkirche zu sehen

Station Hütteldorferstraße/Johnstraße

Um 1916: Linie 49 in der Hütteldorfer­straße
1959: Linie 49 in der Hütteldorfer­straße/Johnstraße

Im ehe­maligen Wasserspeicher der Hochquellwasserleitung ist der 1905 errichtete Meiselmarkt untergebracht. Hier befindet sich auch die U3-Station Johnstraße.

Auf einem Grundstück östlich des Meiselmarkts im Bereich Selzergasse / Hütteldorfer Straße befand sich von 1903 bis 1912 der Sportplatz des SK Rapid Wien, bis der Fußballclub nach Hütteldorf übersiedelte.

Erster eigener Platz von Rapid: Rudolfsheimer Sportplatz
Bild: thomasrenner.th.ohost.de

Am 15. März 1903 wurde der Rudolfsheimer Sportplatz von Ignaz Abeles, Präsident des Österreichischen Fußballverbands (ÖFV), eröffnet.

Christian Bruckner in „Rapid: Lost Ground Rudolfsheimer Sportplatz (Teil 1)“

Hören Sie dazu auch in unsere Podcast „Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten“  Folge 8 und Folge 9 hinein. Im Interview mit Laurin Rosenberg, dem Koordinator des Rapidmuseums (Rapideum) beschäftigen wir uns mit der Geschichte des Fußballklubs Rapid und was dieser mit dem 15. Bezirk zu tun hat.

Die Vereinsfarbe grün-weiß soll mit der Linie 49 zu tun haben. Hier ein Zitat aus der Podcast-Folge:

Die Straßenbahnen hatten damals aber noch keine Nummern, sondern noch Farbmarkierungen und die Strecke, die eben heute der 49er ist und damals schon diesen Teil von Wien mit der Innenstadt verbunden hat, hatte als Signalfarben grün und weiß und war somit natürlich auch von großer Bedeutung für die lokale Bevölkerung und kann mit ein Grund gewesen sein.

Laurin Rosenberg in Podcast-Folge 9: „Wo stand die Wiege von Rapid. Teil 2“

In der Hütteldorferstraße 81a hatte Anna Boschek (1874-1957) ihren letzten Wohnsitz. Sie war 1919 eine der ersten acht Frauen im Parlament.

Anna Boschek (1874-1957) – bis zuletzt in der Bezirkspolitik tätig. Letzte Wohnadresse: Hütteldorfer Straße 81a

In der 4. Folge unseres Podcasts hören Sie ein Interview mit Florian Boschek, einem Verwandten von Anna Boschek. Er erzählt, wie er dazu gekommen ist, seine Familiengeschichte zu erforschen, was er alles über seine Verwandte herausbekommen hat und was Anna Boschek mit dem 15. Bezirk zu tun hat.

Zeitzeug*innen berichten

Ich wurde 1937 im Elisabeth-Spital geboren und wohnte auf Märzstraße 64. Der 49er fuhr direkt an unserem Zimmerfenster vorbei und ich höre noch das Quietschen der Straßenbahn als sie von der Huglgasse auf die Märzstraße abbog. Mein Vater hatte eine Greißlerei am Kardinal-Rauscher Platz direkt vor der Kirche. 1956 wanderte ich nach Kanada aus und wohne seitdem in Montreal.

Zeitzeuge Hans Schumeth

Tramway-Idylle

Lesen Sie zum Schluss noch einen heiter-vergnüglichen Artikel aus dem Wiener Kurier vom 26.6.1949 (Quelle ANNO):

Wiener Kurier vom 26.6.1949 (Quelle ANNO)

Tramway-Idylle aus Großvaters Zeiten
Umzugsgut wurde nicht abgewiesen

Die „Vororte-Tramway“, eine Pferdebahn die seit dem Beginn der (18)siebziger Jahre den Verkehr mit den Außenbezirken, darunter auch durch Fünfhaus nach Penzing, besorgte, unterschied sich in jeder Weise von der Stadt-Tramway. Schon in der äußeren Aufmachung war dieser Unterschied festzustellen. Die Stadt-Tramway hatte grüne Waggons und ihre Kutscher und Kondukteure trugen blaue Uniformen, wogegen die Vororte-Tramway schlecht gefederte, braunlackierte Waggons mit unbequemen Sitzbänken hatte und das Personal lediglich eine Dienstkappe trug. Welcher Ton auf dieser Vororte-Tramway herrschte, ergibt sich aus einer Glosse, die der bekannte Volksschriftsteller Anton Langer in seinem Witzblatt „Hans Jörg aus Gumpoldskirchen“ brachte. Langer schrieb darin: „Ich verstehe ja, daß zum Vorort eine Vororte-Tramway gehört. Aber ich verstehe nit, daß man bei jeder Fahrt vom Kontukteur oder vom Kutscher faustdicke Vorstadtgrobheiten einstecken muß.“

Und dennoch war die Vororte-Tramway recht beliebt, denn sie war für die kleine Leute buchstäblich das „Mädchen für alles“. Sogar „ausziehen“ konnte man mit ihr, nur Kasten und Küchenkredenzen wurden abgelehnt. Dagegen zerlegte Betten, Tuchenten, Matratzen, Strohsäcke, Öfen. Wasserbankel und sonstige „Kleinigkeiten“ wurden ohneweiteres angenommen und zumeist auf dem Waggondach verstaut. 50 Kreuzer Trinkgeld außer dem Fahrpreis und die Sache ging in Ordnung. Wehe dem Fahrgast, der dagegen Einspruch erhoben hätte.

Bis in die (18)neunziger Jahre hatte die Vororte-Tramway dort, wo heute der Obelisk steht, einen Pferdestand. Da die Mariahilferstraße leicht abschüssig war, überschwemmte die Pferdejauche zumeist die halbe Straßenbreite.

Als die „Dampf-Tramway“ gegründet wurde, die ihren Betrieb mit der Vororte-Tramway vereinigte, wurde eine Linie geschaffen, die vom Hotel Wimberger aus über die Märzstraße nach Breitensee führte.

Wenn im Sommer ein Zug der Dampf-Tramway“ mit seinen drei oder vier Waggons und der würfelähnlichen Lokomotive mit lautem Glockengebimmel über die Märzstraße fuhr, dann war dies immer das Signal für die Hausfrauen, schnell die Fenster zu schließen. Sonst drang der Ruß, den die kleine Lokomotive in mächtigen Rauchwolken ausstieß, unbarmherzig in die Wohnungen ein. Erst nach der Jahrhundertwende (1900) wurde diese Strecke zur Linie 49 der städtischen Straßenbahn. D.

Damit genug für heute:
Gehaben Sie sich wohl!
Ihre Brigitte Neichl

Quellen


Liebe Leserin, lieber Leser!

Ihnen fehlt etwas? Sie haben weiterführende Informationen?
Dann schreiben Sie doch einfach einen Kommentar. Nützliche Inhalte mit Quellenangabe bauen wir – mit Verweis auf Ihren Kommentar – gerne noch in den Text ein. Alternativ können Sie uns auch ein Mail an office@bm15.at schicken!

Oder wie es Anton Ziegler 1828 (*) so schön ausgedrückt hat:

Jede Belehrung und Berichtigung, welche in Beziehung auf größere Vervollkommnung und Gemeinnutzmachung dieser Herausgabe beabsichtigt ist, wird mit dem ausgezeichnetsten Danke empfangen.

(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828

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3 Kommentare zu „#FAQ15/055 Seit wann ist die Linie 49 in Betrieb und was fuhr dort davor?

  1. Liebe Frau Neichel.

    Seit ein paar Jahren bin ich ein treuer Follower ihres Blogs .Ich finde Ihre interressanten Beitraege persoehnlich zutreffend
    Ich wurde 1937 im Elizabeth Spital geboren und wohnte auf Maerzstrasse 64. Der 49er fuhr direct auf usern Zimmerfenster vorbei un ich hoere noch das quitschen der Strassebahn als sie von der Hugelgasse auf die Maeztrasse abbog. Mein Vater hatte eine Greisslerei am Kardinal Rauscher Platz direct vor the Kirche.

    1956 wanderte ich nach Kanada aus und wohne seit dem in Montreal. So bitte uebersehen sie meine Schreibfehler. Ichkann mich nicht mehr erinnern wann ich das letzte Mal einen deutschen Brief schrieb.

    Viele Gruesse von an olten Fuenfhauser.

    Hans Schumeth.

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    1. Lieber Herr Schumeth!
      Vielen lieben Dank für Ihren Kommentar! Ich habe mich sehr darüber gefreut!
      Darf ich Ihre Zeilen (natürlich mit abgekürztem Vor-und Nachnamen in den Blogartikel einbauen – als „Zeitzeug*innen berichten)?
      lg aus Wien nach Montreal!
      Brigitte Neichl

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