Lesen Sie heute Teil 4 unserer neunteiligen Serie „History & Crime in Rudolfsheim (Fünfhaus) Anno dazumal“ von Barbara Büchner.
Barbara Büchner hat in Archiven recherchiert, dutzende Zeitungsartikel durchforstet und spektakuläre Fälle zusammengetragen, die sich auf dem Gebiet des heutigen 15. Bezirks zugetragen haben oder von Personen handeln, die im heutigen Rudolfsheim-Fünfhaus wohnhaft oder beruflich (oder sonst wie) tätig waren.
Verfolgen Sie heute mit uns die „häuslichen Reibereien“ zwischen dem Ehepaar Karner, aus denen durch die blinde Eifersucht des Gatten ein Mord wurde.
Als Quelle dient u.a. die „Illustrierte Kronen-Zeitung“ vom 19. August 1913.


Die Gattin erstochen

„Ich weiß es nicht (ob ich meine Frau erstochen habe), „aber es schadet nichts, wenn sie hin ist, je mehr, desto besser!“
(Anton Karner)
Am 19. August 1913 berichtete die Illustrierte Kronen-Zeitung über „häusliche Reibereien“, aus denen durch die blinde Eifersucht des Gatten ein Mord wurde.
Der Täter und sein Opfer:
Anton Karner wurde am 16. August 1870 zu Kirchberg an der Pielach geboren. Er gab seinen Beruf mit „Hilfsarbeiter“ an, war jedoch nur zeitweise beschäftigt, da er ein starker Trinker und in diesem Zustand überaus gewalttätig war.
1893 lernte er die Hilfsarbeiterin Juliane Karner kennen vier Jahre später heirateten sie. Sie hatten zwei Kinder, Mädchen, doch wurde ihm die väterliche Gewalt infolge seines Lebenswandels von Gesetzes wegen entzogen.
Das Ehepaar wohnte in einer Erdgeschoßwohnung in der Schanzstraße 27. Frau Juliane, die Karner häufig misshandelte, musste ihn und die Kinder von ihrem kärglichen Lohn erhalten und obendrein Haushalt und Kinder versorgen.
Als sie den Gatten schließlich aus der Wohnung warf und die Scheidung einreichte, sah Karner – der seiner Meinung nach eine sehr gute Ehe führte – sich ungerecht behandelt und bestrafte die Gattin mit zwei Messerstichen in den Unterleib. Sie starb, erst 46 Jahre alt, an den Folgen der Tat. Anton Karner wurde zu fünf Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Transkript Illustrierte Kronen-Zeitung, 19. August 1913, Nr. 4897, Seite 8
Eifersucht gegen den Zimmerherrn. – Die Bluttat im Korridor.
Wie berichtet, hat der am 16. August 1870 zu Kirchberg an der Pielach geborene Hilfsarbeiter Anton Karner im Hause Fünfhaus, Schanzstraße 27, seine Gattin, die 46jährige Hilfsarbeiterin Juliane Karner, durch Messerstichein den Unterleib schwer verletzt. Die Frau ist nunmehr gestorben. Gegen Karner, der verhaftet wurde, ist daher das Verfahren wegen Gattenmordes eingeleitet worden.
Im Hause Nr. 27 der Schanzstraße in Fünfhaus wohnte Karner mit seiner Gattin im Erdgeschoß. Bei dem Paar hatte früher ein Malergehilfe Schuster als Bettgeher gewohnt.
Transkript Ende
Sogenannte „Substandard-Wohnungen“ konnte man bis in die 1980er Jahre in Wien finden: „Zimma-Kuchl-Kabinett“ – Wasser von der Bassena, Gemeinschaftsklosett am Gang.
In solchen Unterkünften wohnten viele, die sich keine Hauptmiete leisten konnten, zur Untermiete. Tief unter den „Zimmerherren“, die wenigstens ein Kabinett ihr Eigen nannten, standen die „BettgeherInnen.“
Sie mieteten nur das Recht, in einem Bett zu schlafen, wobei SchichtarbeiterInnen einander oft sogar im selben Bett abwechselten, der eine bei Tag, der andere bei Nacht. Bei der Enge der damaligen Proletarierwohnungen, die kaum eine Privatsphäre zuließ, waren Eifersuchtsdramen nicht selten.
In einem ausführlichen Artikel berichtet die „Montags-Post“ vom 13. November 1911 über die Zustände in diesen Wohnungen, wie es wohl auch in der Schanzstraße 27 bei den Karners gewesen sein mag:
Transkript (BB) Morgen-Post vom 13. November 1911:

So ist z.B. in der Absberggasse 7 ein Kabinett, welches von einem Manne und zwei Kindern im Alter von 7 und 11 Jahren bewohnt ist. In diesem Kabinett (4 Meter mal 2,5 m) befindet sich ein Bett, ein Tisch, ein Koffer und ein eiserner Sparherd als Einrichtung; der übrige Raum ist mit verschiedenen Abfällen, die auf dem in der Nähe liegenden Ablagerungsplatz der Kommune gesammelt werden, ausgefüllt. Mietzins 20 Kronen monatlich.

Im selben Hause hat ein Mann mit Frau und drei Kindern im Alter von 3 bis 10 Jahren ein mäßig großes Kabinett inne, für das monatlich 14,60 Kronen bezahlt werden müssen. Die gesamte Einrichtung besteht aus einem durchlöcherten Strohsack und einer Kiste, die als Tisch dient; anstelle eines Ofens wird ein Lavoir mit Holzkohlen verwendet. Die Wohnung ist in äußerst unreinem Zustande.
Kennzeichnend ist, dass die Wohnungszinse solcher Wohnung durchwegs erhöht worden sind und zwar nicht selten bis zu 25 Prozent des vorjährigen Mietzinses.
Transkript Ende
Wie viele solcher BettgeherInnen es insgesamt gab, lässt sich nicht feststellen, doch ist bekannt, dass häufig drei Personen in einem Bett schliefen, zuweilen 30 Schlafgelegenheiten in ein Zimmer gezwängt wurden und überhaupt jeder freier Platz in Küchen, Dachböden, hinter Holzverschlägen und zwischen angesammeltem Gerümpel stundenweise „vermietet“ wurde, um das karge Haushaltsgeld aufzubessern.
Erwies sich ein solcher Bettgeher, wie es beim Malergehilfen Alois Schuster der Fall war, dann auch noch als Feschak, der die misshandelte Gattin liebevoll tröstete („sie hat mir so erbarmt“), so war die Katastrophe vorherzusehen.
Transkript Illustrierte Kronen-Zeitung, 19. August 1913, Nr. 4897, Seite 8
Zwischen Karner und seiner Gattin gab es seit jeher Zank und Streit. Auch der Malergehilfe bot deshalb Anlass zum Zwist, weil Karner auf ihn eifersüchtig war. Deshalb hatte Schuster auch die Wohnung verlassen müssen. Aber auch danach kehrte in der Wirtschaft nicht Friede ein, und die Verhältnisse wurden schließlich so unleidlich, dass Frau Karner den Beschluss fasste, sich von ihrem Gatten zu trennen. Am 29.v.M. führte sie denn auch den Plan durch und wies ihren Gatten aus der Wohnung.
Transkript Ende
Das allein hätte wohl schon genügt, den Ehemann zu erbittern, doch kam noch dazu, dass nach seinem Weggang prompt der Malergehilfe Schuster wieder einzog – diesmal offenbar als Bettgeher im ehelichen Bett. Vergebens bestürmte Karner seine Frau, den Nebenbuhler hinauszuwerfen. Da verlor er die Nerven. Mit einem Messer bewaffnet schlich er zurück in seine frühere Wohnung – und traf auf dem Korridor seine Frau im Gespräch mit dem Maler und einer Nachbarin.
Transkript Illustrierte Kronen-Zeitung, 19. August 1913, Nr. 4897, Seite 8 (Auszug)

Ehe seine böse Absicht auch nur bemerkt werden konnte, hatte er mit einem Messer einen Stich gegen den Unterleib Schusters geführt und ihn leicht verletzt. Dann führte er zwei Stiche gegen den Unterleib seiner Gattin und verletzte sie derart schwer, dass sie bewusstlos zusammenbrach. Sie wurde von der Filiale der Rettungsgesellschaft verbunden und in das Elisabethspital gebracht. Dort erwachte sie nicht wieder zur Besinnung und erlag der furchtbaren Verletzung.
Transkript Ende
Das zuletzt als Kaiserin-Elisabeth-Spital bekannte Krankenhaus in der Huglgasse 1-3 im 15. Bezirk bestand von 1890 bis 2012; es hatte mehrere Vorläufer, die bereits als Bezirksspital in den Chroniken aufscheinen.
Um 1832 waren die sanitären Zustände in Wien (schlechtes Trinkwasser, unzulängliche Abfallbeseitigung, unhygienische und verwahrloste Bauten) so schlecht, dass es mehrmals hintereinander zu verschiedenen Seuchenausbrüchen kam. Man entschloss sich daher, in Rustendorf Nr. 3 (später Neugasse 32, heute Reichsapfelgasse) ein Spital zu errichten, dem 1847 ein Neubau in Fünfhaus folgte. Dieses erste Krankenhaus versorgte die Kranken der damaligen Vorortgemeinden Sechshaus, Fünfhaus, Braunhirschen, Gaudenzdorf, Reindorf, Untermeidling, Obermeidling und Rustendorf. Diese waren in einem Gerichtsbezirk zusammengeschlossen, der auch die Kosten für das Krankenhaus trug.
1857 wurden in der damaligen Sechshauser Hauptstraße auf den Grundstücken die Häuser 58, 59 und 60 ein Spital errichtet, das nun offiziell so benannte Allgemeine öffentliches Bezirkskrankenhaus in Sechshaus, mit rund 300 Betten eines der größten im gesamten Bereich der Wiener Vororte. Wieder machte jedoch die schlechte sanitäre Infrastruktur dem Unternehmen zu schaffen, sodass man sich schließlich entschloss, im Jahre 1883 ein vollkommen neues Spital auf einem Bauplatz in der Nähe des Wasserbehälters Schmelz, dem Gebiet des heutigen Meiselmarkts, zu erbauen.
Die Fertigstellung erfolgte am 1. November 1890. Mit seinen 468 Betten konnte es sowohl die PatientInnen aus dem ehemaligen Gebäude in der Sechshauser Straße übernehmen sowie alle Neuzugänge. Es erhielt den Namen Kaiserin-Elisabeth-Spital. Es bestand bis zum Jahre 2012; dann wurden die Abteilungen auf andere Spitäler verteilt und die Gebäude abgerissen.

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Die Neue Zeitung vom 24. Jänner 1914 (im Bild die Originalseite) berichtet mit dramatisch Worten die Einzelheiten des furchtbaren Geschehens:

Transkript Neue Zeitung vom 24. Jänner 1914 (Tag der Gerichtsverhandlung), (Barbara Büchner)
Wie die Tat geschah.
Am 17. August erschien Anton Karner am Vormittag in der Wohnung seiner Frau, angeblich um sein Krankenbuch zu holen, und ging dann wieder fort. Nachmittags gegen 2 Uhr stand Frau Karner mit ihrer Nachbarin Katharina Schwaher und (dem Bettgeher, Anm.d.R.) Schuster am Gang vor ihrer Wohnung, als plötzlich Kartner erschien, auf Schuster zutrat und ihm mit den Worten „Servus, Grüß dich Gott!“ einen Stich in den Unterleib versetzte. Frau Schwaher lief in die Wohnung, um ihren Mann zu Hilfe zu rufen. In dem Augenblick hörte sie die jüngste Tochter der Karner schreien „Jesus, er hat ein Messer!“ Frau Schwaher riss in ihrem Schrecken die Kinder zur Seite, weil sie diese bedroht glaubte, doch Karner fasste sie bei den Haaren und schleuderte sie an die Wand. Da schrie Frau Karner auf:
„Mein Gott, er hat mich gestochen!“
Nachbarinnen führten sie in die Wohnung und als sie sahen, dass das Kleid der Karner sich an der Brust mit Blut färbte, riefen sie die Rettungsgesellschaft herbei. Die Ärzte fanden Frau Karner bereits bewusstlos vor und kurz nach ihrer Aufnahme im Elisabethspital war sie eine Leiche. Anton Karner hatte ihr einen Stich ins Herz versetzt, der unbedingt tödlich war.
Die Verletzung, die Schuster erlitten, wurde als eine leichte befunden.
Das Geständnis des Mörders
Anton Karner wurde von Hausbesorgern verfolgt und gab bei der Polizei an, er sei in furchtbarer Aufregung gewesen, weil er gesehen, dass Schuster wieder bei seiner Frau wohne. Als man ihn fragte, ob er seine Frau gestochen, gab er zur Antwort: „Ich weiß es nicht, aber es schadet nicht, wenn sie hin ist, je mehr, desto besser!“ Über Schuster sagte er: „Schade, dass er nicht mehr gekriegt hat!“
(…)
Die Psychiater erklärten, der Angeklagte sei zur Zeit der Tat vollständig bei Sinnen gewesen.
Transkript Ende

Präsident.: Das scheint nicht richtig zu sein. Zeugen behaupten, dass Sie ein Trinker waren, Ihren Wochenlohn für sich verbraucht und für die Kinder nicht gesorgt haben. Es wurde Ihnen ja auch die väterliche Gewalt über Ihre Kinder abgesprochen.
Angeklagter: Das ist alles nicht wahr.
Präsident: Sie sollen Ihrer Frau oft nur eine Krone in der Woche gegeben und verlangt haben, dass sie Sie und die Kinder erhalten soll. Von der einen Krone sollte Ihnen die Frau täglich ein warmes Gabelfrühstück vorsetzen.
Angeklagter: Davon weiß ich nichts.
Präsident: Nachbarn haben gesehen, dass Sie Ihre Frau oft misshandelt haben. Sie sollen ihr einmal einen so heftigen Schlag in das Gesicht versetzt haben, dass ihr der Nasenflügel gespalten haben?
Angeklagter: Ich hab ihr nur einmal eine Ohrfeige gegeben, das war im Jahr 1911, weil sie mit unserem Bettgeher Lang ein Verhältnis ang´fangt hat. Später hat sie mit dem Schuster angefangen.
(…)
Präsident: Sie haben am 15. Juli die Wohnungskündigung erhalten?
Angeklagter: Ja, meine Frau hat das gemacht, damit sie mich losbringt.
Präsident: Die Frau reichte damals auch die Ehescheidungsklage ein?
Angeklagter: Ja. Ich bin einmal am Abend nach Haus ´kommen, da war die Wohnung leer und niemand hat g´wusst, wo die Frau hinzogen ist.
Transkript Ende
DAS UNGEWÖHNLICH MILDE URTEIL UND SEINE BEGRÜNDUNG
Das im Jahre 1914 gültige Strafgesetz
https://de.wikisource.org/wiki/Strafgesetz_1852_(Österreich)
Im Jahre 1914 wurden Prozesse nach dem Strafgesetzbuch 1852 (STG 1852) abgehandelt, einem unmittelbaren Nachfolger des 1787 auf Veranlassung Kaiser Josef. II neu überarbeiteten Strafgesetzbuches („Josephina“), in dem die Todesstrafe praktisch abgeschafft worden war. In der Fassung von 1803 wurde sie allerdings wieder aufgenommen, und sie blieb in Kraft, denn das Strafgesetz 1852(StG 1852) war keine neue Kodifikation, sondern lediglich eine erneute Kundmachung des Gesetzes von 1803 unter Einarbeitung aller seither dazu ergangenen Ergänzungen und Novellierungen.
Anton Karner war wegen Gattenmordes angeklagt und musste also damit rechnen, dass er zum Tode verurteilt würde – schließlich war er mit der Mordwaffe in der Hand zur ehemals ehelichen Wohnung gegangen, um dort seine Frau anzutreffen. Dass er sie ausgerechnet im vertraulichen Gespräch mit dem verhassten Nebenbuhler antraf, verschaffte ihm mildernde Umstände, wie das Gesetz sie verlangt:
46. Milderungsgründe: a) aus der Beschaffenheit des Täters;
Milderungs-Umstände, welche auf die Person des Täters Beziehung haben, sind:
- d) wenn er in einer aus dem gewöhnlichen Menschengefühle entstandenen heftigen Gemütsbewegung sich zu dem Verbrechen hat hinreißen lassen.
Transkript (BB) aus Die Neue Zeitung, 24. Jänner 1914, Seite 5 (Auszug)
Das Urteil.
Die Verhandlung wurde erst in später Abendstunde zu Ende geführt.
Die Geschworenen, Obmann Herr Ignaz Winter, verneinten die auf das Verbrechen des Mordes lautende Schuldfrage einstimmig. Sie beantworteten dagegen die Eventualfrage auf Totschlag und die Zusatzfrage, ob der Angeklagte zu der Getöteten in einem besonderen Verpflichtungsverhältnis stand, mit je zwölf „Ja“. Die Frage auf versuchte schwere Körperbeschädigung des Anton Schuster wurde mit zwölf „Nein“ beantwortet. Auf Grund dieses Verdiktes verurteilte der Gerichtshof Anton Karner unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes zu fünf Jahren schweren Kerkers, verschärft durch einsame Absperrung in dunkler Zelle an jedem Jahrestag der Bluttat. In diese Strafe wurde ihm die Untersuchungshaft eingerechnet.
Der Verteidiger dankte dem Gerichtshof für die milde Strafe und erklärte, dass Karner diese sofort antrete.
Transkript Ende.
Im Vergleich zur vollen Härte des Gesetzes („Tod durch den Strang“) war die Strafe natürlich milde, aber von einer „Luxuspension im Wohlfühlhäfen“ konnte auch keine Rede sein, wie die nachstehend angeführten Durchführungsbestimmungen zeigen.
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Anton Karner muss fünf sehr ungemütliche Jahre im Kerker verbracht haben.
- 16. Zweiter Grad
Der zur Kerkerstrafe des zweiten Grades Verurteilte wird mit Eisen an den Füßen angehalten. Eine Unterredung mit Leuten, die nicht unmittelbar auf seine Verwahrung Bezug haben, wird ihm nur in ganz besonderen und wichtigen Fällen gestattet.
- 23. Einsame Absperrung in dunkler Zelle
Die einsame Absperrung in dunkler Zelle darf ununterbrochen nicht länger als drei Tage, dann erst wieder nach einem Zwischenraume von einer Woche und im Ganzen höchstens dreißig Tage in einem Jahre stattfinden.
Und ob er die Strafe nun zur Gänze abbüßen musste oder vorzeitig begnadigt wurde, nach seiner Entlassung war er auf jeden Fall ein sozial Ausgestoßener, der praktisch keine Chance hatte, jemals wieder auf die Beine zu kommen, denn fast alle bürgerlichen Rechte wurden ihm von Gesetzes wegen entzogen.
- 26. Gesetzliche Wirkungen jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens
Mit jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens sind kraft Gesetzes folgende Wirkungen verbunden:
- a) die Abnahme aller in- und ausländischer Orden, Zivil- und Militär-Ehrenzeichen;
- b) der Verlust aller öffentlicher Titel, akademischen Grade und Würden, und die Entziehung des Rechtes, solche ohne Bewilligung des Kaisers neu oder wieder zu erlangen;
(…)
- d) der Verlust jedes öffentlichen Amtes oder Dienstes, mit Einschluss des Lehramtes, und die Unfähigkeit, ohne ausdrückliche Erlaubnis des Kaisers solche neu oder wieder zu erlangen;
(…)
- f) der Verlust (…) der öffentlichen Agentien, und jeder Parteienvertretung von den öffentlichen Behörden;
- g) Entziehung aller auf die Pensionsvorschriften gegründeten Pensionen, Provisionen, Erziehungsbeiträge oder sonstige Bezüge, sowie aller Gnadengaben.
Außerdem bleiben diejenigen Bestimmungen der bürgerlichen, politischen und kirchlichen Vorschriften aufrecht, welche mit der Verurteilung wegen eines Verbrechens noch anderweitige nachteilige Folgen verknüpfen.
Die Regelung der Vorschriften über die Stellung abgestrafter Verbrecher unter Polizei-Aufsicht und die Bestimmung, inwiefern die Gerichte dabei Einfluss zu nehmen haben, bleibt besonderen Anordnungen vorbehalten.
- 27. Gesetzliche Wirkungen der (…) schweren Kerkerstrafe
Außerdem sind aber insbesondere mit den Strafurteilen, wodurch ein Verbrecher ( ….) zur schweren Kerkerstrafe verurteilt wird, kraft Gesetzes noch folgende Wirkungen verbunden:
( …) b) der Verbrecher kann, so lange seine Strafzeit dauert, weder unter Lebenden ein für ihn verbindliches Geschäft schließen, noch einen letzten Willen errichten. Seine vorigen Handlungen oder Anordnungen aber verlieren wegen der Strafe ihre Gültigkeit nicht.
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Ein trunksüchtiger Tunichtgut misshandelt über Jahre hinweg Frau und Kinder, tötet die Gattin zuletzt mit zwei brutalen Stichen in den Bauch, verletzt den Nebenbuhler – und wird vom Gericht mit äußerster Milde behandelt. Damals sahen die Geschworenen wohl in der Erstochenen ein ehebrecherisches Weib, das es gewagt hatte, seinen rechtmäßigen Eheherrn aus der Wohnung zu werfen, die Scheidung einzureichen und sich obendrein noch einen anderen Gefährten zu wählen. Man war halt – unter Männern – „aa wengerl parteiisch“.
Hier finden Sie alle Artikel unserer Serie „History & Crime in Rudolfsheim“
Teil 1: Die Verhaftung des Einbrecherkönigs Johann Breitwieser (1918)
Teil 2: Die Hyäne der Armen – Der Kinder-Betrüger Georg Prödinger (1905)
Teil 3: Von einer Greisin erstochen – Das Ende des „Revolvergustl“ (1928)
Teil 4: Der Gattinnenmörder Anton Karner – Eifersucht in der Enge der Proletarierwohnung (1913)
Teil 5: Motorführer Johann Prügl als Dienstmädchenmörder (1905)
Teil 6: Der Raubmörder und der tapfere Wirt (1920)
Teil 7: „Noch 48 Stunden, dann hol ich ihn mir, den Hager“ (1911)
Teil 8: Eine Greisin im Schlaf abgeschlachtet: Der Raubmörder Anton Senekl (1902)
Teil 9: Raubmord an einem Kind – Der Fall Rudolf Kremser (1914)

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Jede Belehrung und Berichtigung, welche in Beziehung auf größere Vervollkommnung und Gemeinnutzmachung dieser Herausgabe beabsichtigt ist, wird mit dem ausgezeichnetsten Danke empfangen.
(*) Wiens nächste Umgebungen an den Linien, herausgegeben von Anton Ziegler und Carl Graf Vasquez, Wien 1827-1828
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